Tübinger Neurowissenschaftler mit dem Eva Luise Köhler Forschungspreis 2014 ausgezeichnet
„Kombiniertes Gehirn-Maschine-Interface zur Hirnkommunikation bei Amyothropher Lateralsklerose“ heißt das Projekt, an dem Prof. Dr. Dr. Niels Birbaumer vom Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie der Universität Tübingen Jahre gearbeitet hat. Weil er damit für Menschen mit Seltenen Erkrankungen eine echte Innovation entwickelt hat, wurde ihm am Donnerstag der Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen 2014 verliehen. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 50.000 Euro verbunden.
Prof. Dr. Dr. Niels Birbaumers System
Das von Birbaumer entwickelte Computersystem soll vollständig gelähmten Menschen eine zuverlässige, gedankliche Kommunikation mit ihrer Außenwelt ermöglichen. Das System werde zunächst an Patienten mit der seltenen Muskelerkrankung Amyotrophe Lateralsklerose erprobt, die zum Teil mehrere Jahre den kompletten Locked-In-Zustand (CLIS) erleiden, hieß es. Diese Menschen verfügen über eine intakte kognitive Leistung, sind aber vollständig gelähmt, so dass keinerlei Kommunikation mit der Außenwelt möglich ist. Der Physiker Stephen Hawkins ist ein prominentes Beispiel – er leidet seit Jahrzehnten an Amyotrophe Lateralsklerose.
Hirnantwort des Patienten wird ermittelt
„Natürlich ist unser Ziel, dass das System zukünftig allen Patienten zugute kommt, denen es aufgrund von Muskelerkrankungen, Gehirnschädigungen oder Gehirn-Infarkten nicht mehr möglich ist, sich zu verständigen“, sagte Birbaumer bei der Preisverleihung in Berlin. Neuartig an dem Projekt gegenüber bereits bestehenden Brain-Computer-Interfaces sei, dass sowohl elektrische Gehirnströme, als auch die metabolische Hirnaktivität, sprich die Blutströme gemessen werden. „Beide Werte werden in einem Computersystem systematisiert und sollen eine nahezu eindeutige „Hirnantwort“ des Patienten ermöglichen“, erläuterte der Preisträger das innovative Verfahren. „Das Computersystem heilt nicht, aber es schafft wichtige Lebensqualität, denn ohne Kommunikation ist kein Leben möglich“, so Birbaumer weiter.
Eva Luise Köhler Forschungspreis für Seltene Erkrankungen
„Mit dem Eva Luise Köhler Forschungspreis und dem Preisgeld von 50.000 Euro soll außergewöhnliche und erfolgversprechende Forschung gezielt vorangetrieben werden“, erklärte Eva Luise Köhler, den nach ihr benannten Preis. „Das Leiden von Betroffenen soll gelindert und ihr Alltag nachhaltig verbessert werden. Professor Birbaumer zeigt das in seinem Projekt in herausragender Weise.“ Bei der Preisverleihung waren auch ihr Ehemann, der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler, sowie Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe anwesend.
In Deutschland leben rund vier Millionen Menschen mit Seltenen Erkrankungen. Bisher können nur wenige Hundert der rund 6.000 bis 8.000 seltenen Erkrankungen behandelt werden. Es besteht daher ein enormer Forschungsbedarf.