Trisomie: Wer über den Bluttest zur Früherkennung entscheidet

Um eine Trisomie beim Ungeborenen festzustellen, gibt es für Kassenpatientinnen derzeit nur zwei risikobehaftete Testverfahren – Foto: ©Bits and Splits - stock.adobe.com
Sollen die Krankenkassen Bluttests zur Früherkennung von Trisomie bezahlen? Bei einer Bundestagsdebatte sprachen Befürworter und Gegner, draußen protestierten Betroffene gegen medizinische Selektion und Ausgrenzung von Kindern mit Down-Syndrom. Die Mehrheit der Deutschen scheint für die Tests zu votieren.
Bei einer repräsentativen Emnid-Umfrage für den Nachrichtensender Welt plädierten 71 Prozent für den Bluttest als Kassenleistung. 63 Prozent sehen Früherkennungstests auf Erbkrankheiten und Gendefekte als akzeptables Mittel der modernen Medizin. 26 Prozent kritisieren, solche Tests seien "fragwürdige Mittel zur Auslese vor der Geburt". Der Vorschlag zur entsprechenden Änderung der Mutterschafts-Richtlinien kam vom G-BA, der voraussichtlich im August 2019 darüber entscheiden wird.
Wer entscheidet über die Bluttests als Kassenleistung?
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das höchste Gremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Dort sitzen Vertreter der Ärzteschaft, der Krankenhäuser, der Krankenkassen und von Patientenorganisationen. Der G-BA hat nun wissenschaftliche Fachgesellschaften, die Bundesärztekammer, den Deutschen Ethikrat, die Gendiagnostik-Kommission und weitere Organisationen um Stellungnahmen zu der Frage gebeten. Die sollen Eingang in den Entwurf finden, über den der G-BA dann auf einer öffentlichen Sitzung abstimmten wird.
Die Untersuchung fetaler DNA im Blut der Schwangeren auf ein Vorliegen einer Trisomie 13, 18 und 21 mit nicht-invasiven, molekulargenetischen Test (NIPT) ist bereits seit längeren möglich. Die Bluttests kostet aber als Selbstzahlerleistung derzeit an die 300 Euro.
Was ist der Vorteil des Bluttests auf Trisomie?
Um das Ungeborene auf eine Trisomie zu untersuchen, erstatten die Kassen bislang die Kosten einer Chorionzottenbiopsie, bei der Plazentagewebe entnommen und untersucht wird und die Amniozentese, bei der Fruchtwasser entnommen und untersucht wird. Beides sind invasive Untersuchungsmethoden, die mit dem Risiko einer Fehlgeburt einhergehen.
Die im Auftrag des G-BA geprüften Bluttests lieferten verlässliche Informationen, so der G-BA Vorsitzende Prof. Josef Hecken, zugleich bergen sie nicht das Risiko einer Fehlgeburt. Hecken sieht die Anwendung daher als medizinisch begründet an. Die bisherigen Testverfahren Amniozentese und Chorinzottenbiopsie, die mit großen Risiken für das ungeborene Kind verbunden sind, sollten damit so weit wie möglich ersetzt werden.
Wer kann den Bluttest in Anspruch nehmen?
Der Bluttest solle im Einzelfall eingesetzt werden, also bei Schwangerschaften mit besonderen Risiken oder zur Abklärung von Auffälligkeiten, die sich bei den obligatorischen Ultraschalluntersuchungen des Ungeborenen ergeben. "Es geht nicht um eine Reihenuntersuchung aller Schwangeren", betont Hecken. Ein rein statistisch begründetes Risiko für eine Trisomie, beispielsweise aufgrund des höheren Alters der Schwangeren, sei nicht ausreichend, um Anspruch auf einen Bluttest zu erhalten.
Wer soll den Bluttest durchführen?
Der Arzt, der den Bluttest durchführt, muss speziell im Bereich Gendiagnostik qualifiziert sein. Vor dem Bluttest soll er die werdenden Eltern auf Informations- und Beratungsangebote zum Leben mit Trisomien hinweisen, zum Beispiel durch Vereine oder Selbsthilfegruppen, in denen sich Eltern mit Down-Kindern zusammengetan haben. Zur Unterstützung der Beratung erarbeitet der G-BA eine Versicherteninformation, die dann zu verwenden ist.
Was passiert, wenn der Bluttest eine Trisomie anzeigt?
Wenn laut NIPT-Befund eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie vorliegt, sollte das Ergebnis durch eine weitere, invasive Untersuchung bestätigt werden. Der Befund gibt der Schwangeren beziehungsweise den werdenden Eltern die Möglichkeit, sich mit „ihrer individuellen Situation hinsichtlich des Vorliegens einer Trisomie auseinanderzusetzen“, heißt es weiter in einer Mitteilung des G-BA.
Ab welcher Schwangerschaftswoche wäre der Bluttest erlaubt?
Die Patientenvertretung im G-BA vertritt die Position, dass der Bluttest auf Kassenkosten erst ab der 12. Schwangerschaftswoche möglich sein soll, teilt der G-BA mit.
Wann könnte der Bluttest als Kassenleistung eingeführt werden?
Der Beschluss über die Anwendung der Bluttests tritt nach den derzeitigen Plänen erst mit dem Beschluss zu der erwähnten Versicherteninformation in Kraft. Den plant der G-BA für Herbst 2020. Gibt das Bundesministerium für Gesundheit dann grünes Licht, tritt die Regelung in Kraft.
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