Trend zu mehr dicken Kindern offenbar gestoppt
Der Trend zu immer mehr dicken Kindern in den Industrieländern ist offenbar gestoppt, wenn nicht gar rückläufig. Dies geht aus einer Studie der Universitätskliniken Ulm und Jena hervor. Die Wissenschaftler um Prof. Dr. Martin Wabitsch, Leiter der Sektion Pädiatrische Endokrinologie an der Ulmer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, werteten für ihre Studie Einzelstudien aus verschiedenen Industrieländern aus. Darunter auch eine Studie aus Deutschland, die seit dem Jahr 2000 Daten aus Schuleingangsuntersuchungen mit jährlich mehr als einer halben Million Kinder liefert. Die Daten dieser Studie hatten die Wissenschaftler auf die Trendwende aufmerksam gemacht.
Aufklärung hat gewirkt - Kinder essen wieder mehr gesunde Sachen
„Die Deutlichkeit des Trends für Deutschland und viele vergleichbare Länder wie die Schweiz, Frankreich, die USA oder Australien hat uns selbst erstaunt“, sagt Professor Wabitsch. Die Trendwende zu weniger übergewichtigen Kindern erklärt sich der Kinderarzt damit, dass Aufklärung, bessere Ernährungs- und Bewegungsangebote tatsächlich wirkten. „Das ist für alle, die sich für gesünderes Essen in KiTas und Schulen, für mehr Sportunterricht, Grünflächen und Radwege einsetzen, eine gute Nachricht – denn ihr Einsatz lohnt sich“, betont Professor Wabitsch. Tatsächlich ginge der Konsum zuckerhaltiger Getränke und die Fernsehnutzung in vielen Industrieländern offensichtlich leicht zurück, der Verzehr von Obst und Gemüse sowie die Dauer aktiver Freizeitgestaltung steige dagegen an. Laut der Übersichtsstudie tragen international vor allem Mädchen zu der positiven Entwicklung bei, zudem wurde unter Kindern im Vorschulalter weniger Übergewichtige beobachtet als unter Schulkindern.
Kinder heute haben doppelt so viel Fettmassen wie in den 1980er Jahren
Trotz dieser insgesamt positiven Ergebnisse will Wabitsch keine Entwarnung geben. „Die dauernde weitere Gewichtszunahme unserer Kinder scheint gestoppt, aber wir haben bereits ein erschreckendes Niveau erreicht.“ So hätten unsere Kinder heute doppelt so viel Fettmasse wie den 1980er Jahren. Außerdem zeige die Übersichtsstudie, dass der positive Trend zu geringerer Gewichtszunahmen nur für Kinder mit vergleichsweise geringem Übergewicht gelte. „Die Zahl der Kinder mit extremem Übergewicht steigt hingegen weiter“, warnt Wabitsch.
Man dürfe daher nicht aufhören, weiterhin für bessere Ernährung und mehr Bewegung zu werben. Wabitsch drückt es so aus: „Wer Kinder vor den großen Dickmachern wie zuckerhaltigen Getränken und Fertigprodukten samt der dazugehörigen Werbung bewahren will, muss nicht nur an die Eigenverantwortung appellieren, sondern auch entsprechende Regelungen zum Kinderschutz treffen.“ Schließlich helfe ein Geländer an der Treppe ja auch mehr als ein Warnschild.
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