Transparenz über klinische Studien zulasten des Datenschutzes?
Die neue Verordnung gilt in allen Mitgliedsstaaten unmittelbar und löst die bisher gültige Richtlinie der Europäischen Union (EU) ab. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erwartet, dass die Verordnung ab 2016 angewendet wird. Voraussetzung ist, dass ein elektronisches Einreichungsportal mit angeschlossener Datenbank für Studien bei der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) geschaffen wird. Das BMG geht davon aus, dass die neuen Regelungen über klinische Prüfungen zu einer grundlegenden Harmonisierung der Bedingungen für klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln in der EU) führen.
Multinationale Studien werden einheitlich bewertet
Die Verordnung erleichtert das Verfahren bei klinischen Prüfungen, die in mehreren Mitgliedstaaten gleichzeitig durchgeführt werden sollen. Künftig muss ein Antragssteller nur noch einen einzigen Antrag über ein zentrales IT-Portal stellen. Dann erfolgt eine koordinierte Bewertung durch alle beteiligten Mitgliedsstaaten. Das bedeutet für Antragssteller weniger Bürokratie. Außerdem gelten einheitliche Fristen für die Bewertung der Anträge, so dass die klinischen Prüfungen in allen betroffenen Mitgliedsstaaten zum gleichen Zeitpunkt beginnen können. Davon können nach Auffassung des BMG auch Patientinnen und Patienten profitieren.
Das Ministerium und die Bundesärztekammer (BÄK) begrüßen gleichermaßen, dass das jetzige Schutzniveau für Prüfungsteilnehmer in Deutschland auch nach Inkrafttreten der neuen Verordnung beibehalten werden kann und dass die hierzulande etablierte Prüfung von Studienanträgen durch Ethikkommissionen ausdrücklich in der Verordnung verankert wurde.
Ministerium und BÄK gehen davon aus, dass die Neuregelung vor allem mehr Transparenz über Arzneimittelstudien schafft. Unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorschriften werden insbesondere für Laien verständliche Zusammenfassungen der Ergebnisse klinischer Prüfungen für die Öffentlichkeit zugänglich sein, kündigte das BMG an.
Grundlagen für Datenschutz noch offen
„Wir sehen in der Verordnung eine Reihe positiver Aspekte verwirklicht“, erklärte der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Frank Ulrich Montgomery. Von der neuen multinationalen Ausrichtung des Verfahrens könne insbesondere die unabhängige Forschung profitieren. „Der Patientenschutz muss jedoch immer an höchster Stelle stehen“, forderte Montgomery. Kritisch zu hinterfragen ist aus seiner Sicht, dass unter bestimmten Umständen eine Zweitnutzung von Daten klinischer Prüfungen möglich sein soll, ohne dass Patienten dieser Nutzung erneut zustimmen. Der BÄK-Präsident forderte daher, verstärkte Aufmerksamkeit auf die jetzt im Entwurf befindlichen Bestimmungen zu einer Datenschutz-Grundverordnung zu legen. Denn auf diese Grundverordnung nimmt die Verordnung zu klinischen Prüfungen laut BÄK Bezug.
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