Toxoplasmose könnte Menschen risikofreudiger machen

Toxoplasmose wird vor allem durch Katzen übertragen. Die Infektion könne beim Menschen das Verhalten verändern, meinen Forscher. – Foto: ©Aaron Amat - stock.adobe.com
Eine Infektion mit dem vor allem von Katzen verbreiteten Parasiten Toxoplasma gondii könnte das Verhalten verändern und Menschen risikofreudiger machen. Das geht aus einer US-Studie hervor.
Die durch den Erreger hervorgerufene Toxoplasmose führt selten zu akuten Beschwerden. Gefährlich ist sie für immungeschwächte Menschen und besonders für Schwangere. In der Frühschwangerschaft kann eine Infektion der Mutter schwere Schäden bei dem Ungeborenen auslösen. Übertragen wird der Erreger durch den Genuss von rohem oder nicht genügend erhitztem Fleisch oder durch den Kontakt mit Katzenkot. Die Katze ist das wichtigste Wirtstier dieses Parasiten.
Positiver Vorhersagewert für unternehmerisches Handeln
Wissenschaftler der Colorado University in Boulder testeten 1.495 Studenten auf Toxoplasmose. Sie fanden heraus, dass T. gondii-positive Personen 1,4-mal häufiger Wirtschaft studierten und 1,7-mal häufiger eine gehobene Managertätigkeit oder ein freies Unternehmertum anstreben. Eine weitere Untersuchung von 197 erwachsenen Berufstätigen, die an einer Fortbildungsveranstaltung zum Thema Unternehmertum teilnahmen, ergab: Mit T. gondii infizierte Personen leiteten 1,8 mal häufiger eine eigene Firma als nicht infizierte Teilnehmer.
Die Forscher wertete dann nationale Statistiken aus 42 Ländern der letzten 25 Jahre aus und stellten fest, dass eine T. gondii-Infektion, die etwa in Norwegen bei 9 Prozent der Bevölkerung und in Brasilien bei 60 Prozent der Bewohner auftritt, ein positiver Vorhersagewert für unternehmerisches Handeln ist.
T. gondii vermehrt sich über Wild- und Hauskatzen
T. gondii, der sich über Wild- und Hauskatzen vermehrt - schätzungsweise sind 2 Milliarden Menschen weltweit infiziert - sei mit impulsivem und risikofreudigem Verhalten verbunden, das andererseits auch die Gefahr von Autounfällen, Drogenmissbrauch oder psychischen Erkrankungen erhöht. Die Forscher suchten nun nach einer Erklärung, die hinter diesen veränderten Verhaltensweisen steckt.
Ihre These: Da der Parasit eine Katze braucht, um sich fortzupflanzen, wird vermutet, dass er das Verhalten seines Wirtstieres - etwa einer Maus - so verändert, dass es wahrscheinlicher macht, dass dieses Tier von einer Katze gefressen wird. Da sich der Erreger darüber erneut verbreiten kann, kommt das wieder dem Parasiten zugute.
Selbstzerstörerisches Verhalten erzwungen
Weitere Beispiele für solche Parasiten-Wirt-Interaktionen gibt es in der Natur, so wie beim Pilze Ophiocordyceps unilateralis, der die Gehirne von Zimmermanns-Ameisen befällt und selbstzerstörerisches Verhalten erzwingt.
Die Toxoplasmose-Studie wurde jetzt in der Fachzeitschrift Proceedings of the Royal Society B veröffentlicht. "Als Menschen denken wir gerne, dass wir unser Handeln unter Kontrolle haben", sagte Co-Autor Pieter Johnson, Professor an der Abteilung für Ökologie und Evolutionsbiologie an der CU Boulder. "Die Forschung zeigt aber zunehmend, dass die Mikroorganismen, denen wir in unserem täglichen Leben begegnen, das Potential haben, ihre Wirte auf signifikante Weise zu beeinflussen."
Toxoplasmose könnte Menschen risikofreudiger machen
In Ländern mit einer höheren Infektionsprävalenz hat ein geringerer Anteil von Befragten Angst vor dem Scheitern eines neugegründeten Unternehmens. Toxoplasmose könnte die Menschen also risikofreudiger machen. Das soll aber nicht heißen, dass all diese Neugründungen auch funktionieren oder dass ein Scheitern notwendigerweise auf den Erreger zurückzuführen ist.
Studien-Autorin Stefanie K. Johnson von der CU Boulder's Leeds School of Business: "Neue Unternehmungen haben hohe Ausfallraten, so dass die Angst vor dem Scheitern ziemlich rational ist. T.gondii könnte diese rationale Angst reduzieren." Die Forscher betonten, dass die Studie Zusammenhänge aufzeige, jedoch keine eindeutige Ursache-Wirkung-Beziehung herstellen könne.
Bei Senioren schwächt Toxoplasmose die Gedächtnisleistungen
Eine weitere Studie untersuchte die Folgen einer Toxoplasmose-Infektion bei Senioren. Die magensäureresistenten Erreger können nämlich die Blut-Hirnschranke passieren und sich lebenslang in den Nervenzellen einnisten. Wissenschaftler des Leipniz-Institutes für Arbeitsforschung an der TU Dortmund verglichen die Gedächtnisleistung von Menschen ab 65 Jahren mit und ohne Toxoplasmose-Antikörpern im Blut.
Ergebnis: Die Leistungen des Arbeitsgedächtnisses waren bei den Toxoplasmose-positiven Probanden um 35 Prozent geringer als bei den Nicht-Infizierten. Zudem schätzen die betroffenen Personen ihre körperliche, psychische und soziale Lebensqualität signifikant schlechter ein.
Geringere Hirnaktivität bei Toxoplasmose-Infizierten
Objektiviert wurden die gefundenen Defizite in der Gedächtnisleistung mit EEG-gestützten Untersuchungen. Während die Probanden die Aufgaben bearbeiteten, wurde die Hirnaktivität gemessen. Dabei zeigte sich ein deutlich geringerer Ausschlag der Hirnpotenziale, die mit Arbeitsgedächtnisfunktionen wie Aktualisierung von Gedächtnisinhalten assoziiert werden.
"Der Unterschied in der Arbeitsgedächtnisleistung zwischen Infizierten und Nicht-Infizierten entspricht in etwa der Differenz zwischen gesunden jungen Erwachsenen und Senioren", sagt Studienautor Dr. Patrick Gajewski. Für die Effekte wird ein durch die Toxoplasmose-Infektion verursachtes Ungleichgewicht des neuronalen Botenstoffhaushaltes von Dopamin und Norepinephrin verantwortlich gemacht. Die Studie erschien im Fachmagazin Biological Psychology.
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