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Therapietreue oft mangelhaft

Dienstag, 3. September 2013 – Autor: Anne Volkmann
Bei chronischen Erkrankungen ist eine regelmäßige Einnahme der Medikamente besonders wichtig. Doch Studien zeigen, dass es rund 50 Prozent aller Patienten an der nötigen Therapietreue fehlt. Mediziner haben nun Gegenstrategien entwickelt.
Therapietreue oft nicht gegeben

Patienten nehmen ihre Medikamente oft nicht ein.

Die Therapietreue von Patienten mit chronischen Erkrankungen ist nicht immer gegeben. Manche Patienten nehmen ihre verordneten Medikamente gar nicht ein, andere nur sporadisch, und manche sind mit der Einnahme mehrerer unterschiedlicher Medikamente überfordert. Viele setzen auch ihre Tabletten ohne Absprache mit dem Arzt ab, weil sie unter Nebenwirkungen leiden oder weil sie meinen, dass sich ihr Gesundheitszustand gebessert hat. Dies bestätigt auch ein Bericht eines Wissenschaftlerteams um Michel Burnier von der Abteilung für Nephrologie und Hypertonie an der Universitätsklinik in Lausanne, der im Fachmagazin „Hypertension“ veröffentlicht wurde. Demnach überschätzen die meisten Ärzte die Therapietreue ihrer Patienten, die sogenannte „Compliance“, in der Regel erheblich. Auch schummeln viele Patienten, wenn sie danach gefragt werden, ob sie ihre Medikamente regelmäßig einnehmen.

Strategien für mehr Therapietreue

Vor allem bei chronischen Krankheiten, deren Symptome nicht jederzeit spürbar sind, ist dieses Phänomen weit verbreitet. So sind beispielsweise Bluthochdruck und Diabetes nicht schmerzhaft und für den Patienten nicht immer unmittelbar wahrnehmbar. Doch gerade bei diesen Erkrankungen ist eine regelmäßige Einnahme der Medikamente besonders wichtig und ein eigenständiges Absetzen kann sogar lebensbedrohliche Folgen haben. Ärzte versuchen nun, wirksame Strategien zu entwickeln, die Patienten zu mehr Therapietreue zu veranlassen.

Wie Burnier in seinem Aufsatz berichtet, spielt Vergesslichkeit bei der mangelhaften Therapietreue eine geringere Rolle als oft vermutet. Wichtigere Gründe für das unregelmäßige Einnehmen der Arzneimittel sind fehlendes Durchhaltevermögen, starke Nebenwirkungen, aber auch Motivationslosigkeit, beispielsweise aufgrund einer Depression. Versuche, Patienten durch SMS-Botschaften oder Telefonanrufe an die Einnahme zu erinnern, haben sich daher als kaum geeignet erwiesen, die Therapietreue zu verbessern. Mehr Aussicht auf Erfolg hat es laut Burnier, wenn der Arzt den Patienten bei jedem Gespräch auf die Wichtigkeit seiner Compliance anspricht und ihm den Grund für die Behandlung verständlich erläutert. Auch sei es notwendig, auf Beschwerden des Patienten wie beispielsweise unerwünschte Nebenwirkungen einzugehen.

Telemedizinische Betreuung steigert Compliance

Eine aktuelle Studie, die in der Fachzeitschrift der amerikanischen Medizingesellschaft („JAMA“) veröffentlicht wurde, zeigt, dass sich die Therapietreue auch durch telemedizinische Betreuung steigern lässt. Für die Studie wurden 450 Männer und Frauen mit einer schwer beherrschbaren Hypertonie in zwei Gruppen geteilt. Während die eine Hälfte der Patienten auf traditionelle Weise behandelt wurde, erhielt die andere Hälfte eine telemedizinische Betreuung. Diese Patienten kamen zur Blutdruckkontrolle also nicht in die Arztpraxis, sondern maßen ihre Werte selbst. Die Daten wurden dann automatisch an ein medizinisches Zentrum weitergeleitet.

Wie die Studienautorin Karen Margolis vom Institute for Education and Research in Minneapolis/Minnesota berichtet, erwies sich das Telemonitoring als ausgesprochen erfolgreich. 71 Prozent der auf diese Weise betreuten Patienten hatte innerhalb eines Jahres den angestrebten Zielblutdruck erreicht, in der Kontrollgruppe waren es hingegen nur 53 Prozent. Damit zeigt sich, dass auch eine aktive Einbeziehung des Patienten in seine Behandlung die Therapietreue steigern kann.

Foto: Alexander Raths – Fotolia.com

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin

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