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„Teure“ Placebos wirken auch bei Morbus Parkinson

Montag, 23. März 2015 – Autor:
Dass wirkstofffreie Scheinmedikamente Krankheitssymptome lindern können, wurde bereits in zahlreichen Studien nachgewiesen. Eine Pilotstudie aus den USA zeigt jetzt, dass der Placeboeffekt auch bei Morbus Parkinson greift.
„Teure“ Placebos fast so gut wie Parkinsonmittel Levadopa

Die Erwartung zählt: Ein vermeintlich teures Placebo wirkt bei Parkinson fast genauso gut wie das echte Parkinsonmittel Levadopa

Der Glaube kann Berge versetzen, heißt es im Volksmund. Dass auch der Glaube an ein vermeintlich teures Medikament, Krankheitssymptome bei Morbus Parkinson lindern kann, zeigt jetzt eine Pilotstudie der Universität Cincinnati, USA. Ärzte um Studienleiter Dr. Alberto J. Espay hatten zwölf Patienten im mittleren bis fortgeschrittenen Stadium der Parkinson-Krankheit jeweils eine Kochsalzlösung injiziert. Während man der einen Hälfte der freiwilligen Studienteilnehmer versicherte, ihr Medikament würde 1.500 Dollar kosten und damit entsprechende Erwartungen weckte, bekamen die anderen Patienten angeblich eine nur 100 Dollar teure Injektion. Beide Injektionen wirkten: Unter dem angeblich teuren Placebo hatten sich die motorischen Fähigkeiten der Patienten gemäß der Bewertungsskala UPDRS-III um 28 Prozent verbessert, unter dem angeblich billigeren Scheinmedikament dagegen um nur 13 Prozent.

Je teurer das Placebo, desto besser die Beweglichkeit – echtes Levadopa schneidet aber am besten ab

„Obwohl beide Placebos die motorischen Funktionen verbesserten, war der Nutzen größer, wenn die Patienten zuerst das teure Scheinmedikament bekamen“, berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Neurology“. Zwar schnitten beide Placebos im Vergleich zum echten Wirkstoff Levadopa schlechter ab. Die Überlegenheit von „teurem“ gegenüber „billigem“ Placebo war jedoch ähnlich groß wie die Überlegenheit von Levadopa gegenüber dem teuren Placebo. Bei der funktionellen Kernspinresonanz, die Hirnaktivitäten misst, zeigten beide Placebo-Injektionen sogar ähnliche Effekte wie für den echten Parkinson-Wirkstoff Levadopa.

„Diese Studie ist sehr bedeutsam für die medizinische Praxis, weil sie zeigt, dass Ärzte den Behandlungserfolg durch Information und Kommunikation positiv beeinflussen können“, kommentiert Professor Ulrike Bingel von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) die Studienergebnisse. Die Fallzahl sei zwar sehr klein gewesen sei, räumt die Neurologin und Placebo-Expertin ein. Dennoch hätten die Messwerte der Beweglichkeit den Zusammenhang zwischen positiven Erwartungen und Therapieerfolg belegt. Tatsächlich berichteten acht der zwölf Studienteilnehmer im Nachhinein, dass sie wirklich größere Erwartungen an die teure Arznei gehabt hätten. Bei den anderen vier Teilnehmern, die nach eigenen Angaben keine derartigen Erwartungen hatten, registrierten die Forscher dagegen kaum positive Auswirkungen.

Placebo-Effekt bei Parkinson-Patienten ist messbar

„Dem Placebo-Effekt liegen messbare körperliche Vorgänge zugrunde“, betont Neurologin Bingel. Bei manchen Therapien sei der Placebo-Effekt sogar noch größer als der Effekt durch das echte Medikament. Trotz des hohen Potenzials von Placebos dürften die Ergebnisse aber nicht fälschlich als Argument gegen den Einsatz teurer Medikamente interpretiert werden, stellt Bingel klar. „Vielmehr ist es eine wesentliche Aufgabe für uns Ärzte, die Erwartungen unserer Patienten an eine Therapie durch gezielte und individuell angepasste Kommunikation positiv zu beeinflussen.“

Foto: © Peter Hermes Furian - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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