Die Zulassung wurde an bestimmte Bedingungen geknüpft: So müssen für Ärzte und Patienten mit der nationalen Zulassungsbehörde, also dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), abgestimmte Schulungsmaterialien zur Verfügung stehen. Da diese derzeit noch nicht vorliegen, darf Truvada in Deutschland in der neuen Indikation bislang weder verordnet noch angewendet werden.
Die Kosten für Truvada werden von gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen nicht übernommen. Interessenten könnten daher versuchen, das Medikament über unterschiedliche Quellen wie das Internet so kostengünstig wie möglich zu beziehen, warnt die Deutsche Aids-Gesellschaft (DAIG). Das birgt Risiken: Die Medikamente könnten gefälscht sein. Zudem sei die Arznei nur ein Teil einer Gesamtstrategie zur Prävention von HIV, betont die DAIG.
HIV-Prophylaxe schützt nicht zu 100 Prozent
Bei einer prophylaktischen Gabe von Medikamenten an Gesunde, wie das bei der Truvada-Gabe der Fall wäre, ist die Aufklärung besonders sorgfältig durchzuführen. Dazu gehört eine Präventionsberatung im Hinblick auf Sexualpraktiken und die Notwendigkeit einer fortgeführten Kondomnutzung. Prep reduziert zwar die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Infektion, schützt aber nicht vollständig.
Begleitende medizinische Diagnostik und Therapie gehörten ebenso mit in das Verordnungs-Paket wie ein Angebot zur Untersuchung auf andere sexuell übertragbare Krankheiten (STI). Eine bereits vorhandene HIV-Infektion muss vor dem Beginn der Behandlung ausgeschlossen werden, ebenso eine chronische Hepatitis B. Weitere Kontraindikation ist eine Niereninsuffizienz. Eine Nutzen-Risiken-Abwägung ist nötig bei Begleiterkrankungen wie Proteinurie oder Osteoporose. Getestet und behandelt werden sollten STI wie Gonorrhoe, Chlamydien, Lues, Hepatitis B und C.
Nur HIV-negative Menschen erhalten die Tablette
In Frage für eine Verordnung kommen Menschen mit hohem HIV-Risiko. Dazu zählen HIV-negative Männer, die Sex mit Männern haben sowie Transgender, die analen Sex ohne Kondom mit mehr als 2 Partnern innerhalb der letzten 3 bis 6 Monate und wahrscheinlich auch in den nächsten Monaten haben werden. Außerdem HIV-negative Personen, die penetrativen Sex ohne Kondom haben und mindestens eine im letzten Jahr neu diagnostizierte STI sowie HIV-negative Menschen, die im vergangenen Monat penetrativen Sex ohne Kondom mit Personen hatten, die ihnen als HIV-positiv bekannt waren und die keine Therapie erhalten.
Über das Zeitfenster zwischen Beginn und voller Effektivität einer kontinuierlichen Prep liegen bislang keine Daten vor. Zu den potentiellen, unerwünschten Nebenwirkungen einer Prep gehören das Fanconi-Syndrom, Niereninsuffizienz, Abnahme der Knochendichte und Kopfschmerzen. Im Fall einer HIV-Infektion könnte es bei fortgesetzer Einnahme zu einer Resistenzentwicklung kommen, die sich negativ auf eine spätere antiretrovirale Therapie auswirkt.
Regelmäßige Kontrolltermine verpflichtend
Die Verordnung einer Prep sollte an die notwendigen, regelmäßigen Kontrolluntersuchungen gekoppelt werden. Wenn der Patient es nicht schafft, die notwendigen Untersuchungs-und Beratungstermine wahrzunehmen, sollte zunächst keine weitere Verschreibung mehr erfolgen, da Wirksamkeit und Sicherheit des vorbeugenden Effekts der Prep nicht zu gewährleisten seien.
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