Syrien-Konflikt ist zur Gesundheitskrise geworden
Da war doch was: Syrien. Kaum einer spricht noch darüber. Dabei geht die humanitäre Krise in Syrien ununterbrochen weiter. Der heute von der internationalen Kinderrechtsorganisation Save the Children vorgelegte Report "Ein verheerender Tribut" verdeutlicht die verheerenden Auswirkungen der fehlenden medizinischen Versorgung in Syrien. Dem Report zufolge sind 200.000 Menschen, darunter Tausende Mädchen und Jungen, durch die Nichtbehandlung ihrer Krankheiten seit Ausbruch des Konflikts gestorben. Das sind doppelt so viele wie durch Kampfhandlungen starben. Medikamente seien kaum noch erhältlich, fast die Hälfte der syrischen Ärzte sei geflohen. Ein Großteil der Krankheiten wäre in einem funktionsfähigen Gesundheitssystem gar nicht erst aufgetreten, heißt es weiter. Dies gelte vor allem für Masern, Durchfall und Atemwegserkrankungen.
Syrien: Beobachter sprechen von "unbeschreiblichen Umständen"
"Diese humanitäre Krise ist zu einer lebensbedrohlichen Gesundheitskrise geworden", sagt Kathrin Wieland, Geschäftsführerin von Save the Children Deutschland. "Mädchen und Jungen leben unter unbeschreiblichen Umständen. Ärzte zu finden ist inzwischen reine Glückssache, im Notfall und bei Lebensgefahr oft schier unmöglich.“ Oft seien die medizinischen Maßnahmen, zu denen das Gesundheitspersonal greifen muss, um Kinderleben zu retten, reine Verzweiflungstaten, so Wieland weiter. „Ärzte berichten von verletzten Kindern mit Verbrennungen oder Frakturen, die nur unzureichend versorgt werden können. Im schlimmsten Fall muss amputiert werden, um tödliche Blutungen zu stoppen und Leben zu retten." Zum Teil müssten Patienten bewusstlos geschlagen werden, weil es keine Narkosemittel gibt. Auch hochgefährliche Mensch zu Mensch Bluttransfusionen stünden an der Tagesordnung.
Das syrische Gesundheitssystem ist komplett zusammengebrochen
Laut Report finden auch Impfungen kaum oder gar nicht mehr statt. Ein alarmierendes Zeichen, sei der Wiederausbruch von lebensbedrohlichen Krankheiten wie Masern oder Polio. Geschätzt 80.000 Kinder hätten sich in Syrien bereits infiziert. In Aleppo seien von ehemals 5000 Ärzten nur noch 36 im Einsatz. 93% der Krankenwagen seien fahruntüchtig, gestohlen oder zerstört. Kurz: „Das ehemals gut funktionierende Gesundheitssystem eines Lands mit mittleren Einkommen ist komplett zusammengebrochen - mit tödlichen Konsequenzen", heißt es zusammenfassend in dem Report.
"Die internationale Gemeinschaft trägt die Verantwortung für den Schutz der syrischen Kinder“, apelliert Kathrin Wieland. „ Wir können nicht länger zusehen, wie das Leben der Mädchen und Jungen aufs Spiel gesetzt wird.“ Alle Verantwortlichen müssten sich dafür einsetzen, dass ausnahmslos alle Menschen umgehend mit Medikamenten, Nahrung, sauberem Wasser und medizinischer Hilfe versorgt werden könnten. Doch angesichts anderer Krisenherde scheint die Krise in Syrien augenblicklich von der internationalen Staatengemeinschaft in Vergessenheit geraten zu sein.
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