Syphilis auch durchs Küssen übertragbar

Küssen kann ein Infektionsrisiko sein: Schwule Männer am häufigsten von Syphilis betroffen – Foto: ©jarun011 - stock.adobe.com
Die Zahl der Syphilis-Infektionen hat sich seit 2009 etwa verdoppelt. Ende 2014 wurden dem Robert Koch-Institut rund 6.000 Neuinfektionen gemeldet. Über 80 Prozent der Fälle gehen nach den RKI-Daten vermutlich auf sexuelle Kontakte zwischen Männern zurück. Besonders häufig wird die Geschlechtskrankheit bei HIV-Infizierten festgestellt.
Nach Informationen des Berliner Infektiologen Dr. Christoph Schuler lässt sich die hohe Ko-Infektionsrate unter anderem damit erklären, dass HIV-Patienten regelmäßig auf sexuell übertragbare Infektionen (STIs) gescreent werden. Dadurch werde Syphilis in dieser Gruppe eben eher entdeckt, sagte er der Deutschen AIDS-Hilfe in einem Interview. Zunehmend ließen sich aber auch nicht HIV-Positive auf Syphilis untersuchen, etwa bei verdächtigen Symptomen oder wenn die Infektion zuvor beim Partner festgestellt worden sei, berichtete er. „Wir haben sicherlich im Schnitt jede Woche einen neuen Fall in unserer Praxis, und das bereits seit einigen Jahren“, kommentiert der Allgemeinmediziner von der Praxisgemeinschaft Turmstraße den Trend zu mehr Syphilis-Fällen in Deutschland.
Küssen und Oralsex sind potenzielle Ansteckungsquellen für Syphilis
Bislang ist nicht genau erklärbar, warum sich die Syphilis in Deutschland wieder ausbreitet. Dass sich die Sexualpraktiken in der Schwulenszene geändert hätten, sieht HIV-Spezialist Schuler jedenfalls nicht als Grund, wenngleich Männer die zum Beispiel Sexpartys besuchen ein höheres Ansteckungsrisiko haben. „Wenn hier neue Infektionen auftreten, werden diese dann auch schnell weitergegeben“, so Schuler.
Außerdem werde heute beim Sex wieder öfter das Kondom weggelassen, bestätigte er der Deutschen AIDS-Hilfe. „Natürlich wird häufiger auf das Kondom verzichtet, weil die HIV-Behandlung effektiv ist.“ Auf der anderen Seite sei Safer Sex mit Kondom keine Praxis, mit der man eine Syphilis-Infektion gänzlich ausschließen könne, gibt der Mediziner zu bedenken. „Man kann sich eben auch beim Küssen oder beim Oralverkehr infizieren“, so Schuler.
Vielen Männern ist schon die Lust auf Sexpartys vergangen
Eine Syphilis-Infektion bleibt ein Leben lang im Blut sichtbar. Ärzte können dabei schwer zwischen einer neuen und alten Infektion unterscheiden. Anders als etwa bei Hepatitis A ist man nach einer ausgestandenen Syphilis nicht automatisch vor einer neuen Infektion geschützt. Das frustriert offenbar viele Patienten. Schuler meint, einigen seiner Patienten sei deshalb die Lust am Sex vergangen, zumindest was den Sex in öffentlichen Räumen betreffe. „Ich erlebe in letzter Zeit immer häufiger den Fall, dass Patienten deshalb sehr frustriert sind und sagen: Ich mach jetzt nichts mehr.“
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