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Suchtforscher: E-Zigarette bis zu 95 Prozent weniger schädlich als klassisches Tabakrauchen

Mittwoch, 21. Oktober 2020 – Autor:
Anders als viele denken, wird in Deutschland überdurchschnittlich viel geraucht. Weil sich nur ein Bruchteil der Raucher für eine vom Arzt begleitete Rauchentwöhnung interessiert, fordern Suchtforscher andere Lösungen. Die Gesundheitsbehörden sollten rauchfreie Alternativen wie die E-Zigarette offen promoten. Sie sei ungleich weniger schädlich als ein Weiterrauchen von Tabak.
Raucherin dampft jetzt. Rechte Hand: E-Zigarette. Linke Hand: abgeknickte Tabak-Zigarette.

Raucherentwöhnung: Die beliebteste stoffliche Methode ist der Umstieg auf die E-Zigarette, gefolgt von Nikotinersatzpräparaten wie Pflaster oder Tabletten (DEBRA-Studie, Uni Düsseldorf, 2018). – Foto: ©Knut Wiarda - stock.adobe.com

Der soziale, finanzielle und juristische Druck auf Raucher nimmt zu. In Cafés, Kneipen Restaurants darf man nicht mehr rauchen. Nicht einmal im Bierzelt auf dem Münchner Oktoberfest hätte man rauchen dürfen, wenn es (ohne Corona) in diesem Jahr hätte stattfinden dürfen. Demnächst müssen Raucher wieder raus ins Kalte. Auf Flughäfen oder Bahnsteigen fristen sie ein diskriminierendes Minderheiten-Dasein in gläsernen Quarantänekabinen oder mit gelben Markierungen abgezirkelten Stehreservaten. Doch der Schein trügt: Im Vergleich zu anderen west- und nordeuropäischen Ländern ist Deutschland keineswegs ein vorbildliches Nichtraucherland wie beispielsweise Schweden. Während dort sieben Prozent der Bevölkerung rauchen, sind es in Deutschland mit 26,5 Prozent fast viermal so viele (Zahlen für 2020).

Jeder achte Todesfall durchs Tabakrauchen

Fast jeder achte Todesfall in Deutschland wird demnach durchs Tabakrauchen verursacht. Rauchen gilt als der „größte vermeidbare Faktor“ für schwere Erkrankungen von Herz und Kreislauf und Atemwegen sowie Krebs. Weil der Abschied vom Rauchen wegen des Suchtaspekts ein Kraftakt ist und ihnen konventionelle Methoden und Angebote zur Raucherentwöhnung zu wenig fruchten, haben Wissenschaftler um den Frankfurter Suchtforscher Heino Stöver jetzt die Gesundheitsbehörden aufgefordert, für E-Zigaretten, Tabakerhitzer und andere rauchfreie Nikotinprodukte offen Partei zu ergreifen. 50 Milliarden Euro Schaden entstehen der deutschen Sozialversicherung im Jahr als Folge des Tabakkonsums. Das ist doppelt so viel wie der Umsatz der Zigarettenindustrie.

Nur wenige entscheiden sich für vom Arzt begleitete Tabakentwöhnung

„Wenn man bedenkt, dass nur zwei bis fünf Prozent der deutschen Bevölkerung wirklich eine professionelle und vom Arzt begleitete Tabakentwöhnung in Anspruch nimmt, kommt man nicht umhin, andere Lösungswege zu finden und zu fördern“, heißt es in einem Positionspapier von Wissenschaftlern und Ärzten, das bei einem Kongress des Instituts für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences formuliert wurde.

E-Zigaretten-Risiko: „Fehlwahrnehmung in der Bevölkerung“

Ausgerechnet starke Raucher wissen demnach oft wenig über die Ausstiegsmöglichkeiten mittels E-Zigaretten, Tabakerhitzern oder tabakfreien Nikotinprodukten. Auch in der Bevölkerung gingen „Wahrnehmung und das tatsächliche Risiko bei E-Zigaretten weit auseinander“. In einer Erhebung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) schätzten 61 Prozent der Befragten das gesundheitliche Risiko der E-Zigarette genauso, höher oder viel höher ein als bei der konventionellen Tabakzigarette.

Rauchstopp: Raucher mit E-Zigaretten leichter überzeugbar

 „Tatsächlich sieht es aber ganz anders aus“, heißt es in einer Mitteilung des ISFF. „So bestätigten die Referenten der Konferenz, dass E-Zigaretten bis zu 95 Prozent weniger schädlich sind als gerauchter Tabak und wesentlich zur Raucherentwöhnung beitragen können." Gemäß aktuellen Risikobewertungen seien E-Zigaretten und Tabakerhitzer deutlich weniger schädlich als das Weiterrauchen von konventionellen Zigaretten und eigneten sich daher als Beitrag zum Eindämmen des Rauchens und zur Minimierung von dadurch verursachten gesundheitlichen Schäden. E-Zigaretten als Mittel zum Rauchstopp erreichten deutlich mehr Raucher als andere Optionen.

Foto: AdobeStock/Knut Wiarda

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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