Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Stuhlspende in Kapselform - neuer Therapieansatz bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Dienstag, 5. April 2022 – Autor:
Ärzte vom Uniklinikum Jena verfolgen einen neuen Ansatz zur Behandlung von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen: Fremder Stuhl wird zu Kapseln aufbereitet und Patienten oral verabreicht. Der neue Ansatz ist eine Alternative zur bisherigen Stuhltransplantation.
Klinische Studie zu Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Apotheker bereiten Stuhl von gesunden Spendern zu Kapseln auf

Klinische Studie zu Chronisch entzündliche Darmerkrankungen: Apotheker bereiten Stuhl von gesunden Spendern zu Kapseln auf – Foto: © AOK-Mediendienst

Die Idee, dass eine Stuhlspende Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen helfen kann, ist nicht neu. Ein sogenannter Stuhltransfer basiert auf der Annahme, dass die Übertragung gesunder Darmbakterien das gestörte Mikrobiom von CED-Patienten ins Gleichgewicht bringt und so das Entzündungsgeschehen lindert. Bisher erfolgten solche experimentellen Verfahren entweder über eine Nasensonde oder im Rahmen einer Darmspiegelung. Eine Darreichungsform, die zumindest gewöhnungsbedürftig ist.

Zweimal am Tag eine Kapsel schlucken

Wissenschaftler vom Uniklinikum Jena gehen nun einen anderen Weg: Sie bereiten Stuhl von gesunden Spendern zu Kapseln auf und verabreichen die Präparate Patienten im Rahmen einer klinischen Studie. Das Studienprotokoll sieht eine Einnahme zweimal täglich über drei Monate vor.

Die Ursache von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wie Colitis Ulcerosa oder Morbus Crohn ist noch weitgehend unbekannt. Was man weiß ist, dass bei Betroffenen das Darm-Mikrobiom verändert ist. Das Mikrobiom besteht aus unzähligen Bakterien und unterstützt nicht nur unsere Verdauung, sondern trägt auch maßgeblich zur Immunabwehr bei. 

Stuhl muss von Gesunden stammen

Erste Studien legen bereits nahe, dass eine Übertragung von guten Bakterien chronisch entzündliche Darmerkrankungen günstig beeinflussen kann. Entscheidend dabei sei, dass der Stuhl von Gesunden komme, erläutert Prof. Andreas Stallmach, Direktor der Klinik für Innere Medizin IV am Uniklinikum Jena. Für die aktuelle Studie sucht das Klinikum noch gesunde Stuhlspender zwischen 18 und 60 Jahren.

Die Hürden sind ähnlich hoch wie bei der Blutspende. Potenzielle Spender müssen sich zunächst einem Gesundheits-Check unterziehen und dürfen keine Medikamente einnehmen. Ist hier alles in Ordnung, kann die erste Stuhlspende erfolgen. Nach acht Wochen folgt ein erneuter Gesundheitscheck. Allerdings dürfe zwischen dem Stuhlgang und der Abgabe der Spende maximal eine Stunde liegen, sagt Stallmach, „weshalb vornehmlich Spender aus Jena und naher Umgebung in Frage kommen.“ Interessiert werden gebeten eine E-Mail mit dem Betreff „Stuhlspende“ an arndt.steube[at]med.uni-jena.de zu senden.

Ansprechraten von bis zu 40 Prozent erwartet

Die Apotheke des Klinikums stellt aus dem Kot dann die Kapseln zur oralen Einnahme her. Diese Darreichungsform sei einzigartig und schonend, sagt Gatsroenterologe Andreas Stallmach. „Wir gehen davon aus, dass die Therapie bei 30 bis 40 Prozent der Patienten gut wirkt.“

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Studie.

Hauptkategorie: Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Chronisch entzündliche Darmerkrankungen , Morbus Chron

Weitere Nachrichten zum Thema Stuhltransplantation

16.07.2015

Colitis ulcerosa gehört zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Bei den Patienten ist die natürliche Bakterienbesiedelung des Darmes gestört. Ärzte erproben derzeit eine neue Therapie: die Stuhltransplantation. Fäkalkeime gesunder Menschen werden dabei auf den Patienten übertragen.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin