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Studie: Magnetstimulation hilft bei Raucherentwöhnung

Mittwoch, 27. Oktober 2021 – Autor:
Nikotinpflaster, Hypnose, Anti-Sucht-Tabletten: Medikamentöse und psychotherapeutische Verfahren sind zwei wichtige Strategien der Medizin, um für Raucher den Ausstieg aus ihrer Sucht möglich und erträglich zu machen. Jetzt bestätigt eine Studie ein drittes und völlig anderes Verfahren: die Magnetstimulation bestimmter Hirnregionen, die bei Süchten eine Rolle spielen.
Patient mit Helm und Elektroden am Kopf bei der Magnetstimulation.

Mit der Magnetstimulation lassen sich bestimmte Gehirnregionen erreichen und beeinflussen, die mit Süchten zu tun haben. Ein neuer Ansatz, um Rauchern die Überwindung ihrer Abhängigkeit zu erleichtern.

Mehr als 120.000 Menschen sterben in Deutschland jedes Jahr an den gesundheitlichen Folgen des Tabakrauchens. Wer vom Rauchen loskommen will – den unterstützen Medizin und Psychologie durch medikamentöse beziehungsweise verhaltenstherapeutische Ansätze. Die Wirksamkeit einer dritten – und völlig anderen – Behandlungsmethode zur Behandlung der Tabakabhängigkeit wurde jetzt in einer internationalen Studie bestätigt: Sie heißt „repetitive transkranielle Magnetstimulation“ (rTMS). Innerhalb von sechs Wochen verdoppelten sich bei den Probanden die Abstinenzraten im Vergleich zur Placebogruppe.

„Das ist in Ergänzung zu den bisherigen Behandlungsoptionen bei Tabakabhängigkeit ein beachtliches Ergebnis“, sagt Walter Paulus von der Deutschen Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie und Funktionelle Bildgebung (DGKN) zu den Ergebnissen der Studie. Alle Patienten in der aktuellen Studie hatten mindestens einen erfolglosen Versuch hinter sich, mit dem Rauchen aufzuhören. Bei zwei Dritteln der Teilnehmenden waren drei oder mehr Anläufe gescheitert.

Kombination von Magnetstimulation und psychotherapeutischen Kurzinterventionen

„Eine Besonderheit der Studie ist, dass zusätzlich zu dieser speziellen Form der rTMS auch verhaltenstherapeutische Kurzinterventionen eingesetzt wurden“, erklärt Frank Padberg von der Psychiatrischen Uniklinik München. Unmittelbar vor der Behandlung wurden fünf Minuten lang suchtspezifische Symptome provoziert: Die Studienteilnehmer sollten sich die Auslöser ihres Suchtverlangens vorstellen und wurden mit einer Audiodatei und Bildern zum Rauchen konfrontiert. Danach erfolgte die Hirnstimulation (in jeder Sitzung 60 Einheiten von je drei Sekunden Dauer mit jeweils 30 Pulsen) mittels einer Magnetspule, die außen am Kopf an ausgewählten Gehirnregionen platziert wurde. Nach der Stimulation wurde ein Motivationsgespräch als zweiminütige Kurzintervention geführt.

Abstinenzkontrolle per Urinprobe

In den ersten drei Wochen erfolgte die Behandlung werktäglich, in den folgenden 3 Wochen einmal wöchentlich. Nach 18 Wochen hatten es in der Gruppe der mit rTMS Behandelten laut Fragebogen 19 Prozent geschafft, mindestens 4 Wochen durchgehend nicht zu rauchen. Kontrollieren und bestätigen konnten dies die Forschenden mittels Urinproben auf Nikotinabbauprodukte. In der Vergleichsgruppe lag der Anteil bei lediglich 8 Prozent. Nach den ersten sechs Wochen hatten sich sogar 28 Prozent der mit rTMS Behandelten von den Zigaretten befreien können, in der Placebogruppe waren es nur 11 Prozent. Durchschnittlich rauchten die Patienten der Behandlungsgruppe weniger Zigaretten und hatten ein vermindertes Verlangen danach.

Was genau ist „transkranielle Magnetstimulation“?

Die transkranielle Magnetstimulation ist eine Technologie, bei der mithilfe starker Magnetfelder Bereiche des Gehirns sowohl stimuliert als auch gehemmt werden können. Die Magnetwirkung geschieht nicht-invasiv von außen. Das Wort „transkraniell“ aus dem Lateinischen lässt sich übersetzen mit „durch den Schädel“. Bisher wird das Verfahren in der Medizin insbesondere zur Behandlung neurologischer Erkrankungen wie Tinnitus, Epilepsie oder Parkinson eingesetzt, in der Psychiatrie zur Behandlung affektiver Störungen, vor allem gegen Depressionen.

Magnetstimulation gegen Tabaksucht: In den USA bereits zugelassen

Seit Jahren mehren sich die Hinweise, dass die repetitive transkranielle Magnetstimulation über die Behandlung anderer psychiatrischer Leiden hinaus auch bei der Behandlung von Suchterkrankungen eine Rolle spielen könnte. Mit der jetzt in der Fachzeitschrift „World Psychiatry“ veröffentlichten Studie wurde erstmals in einem größeren Forschungsprojekt (262 Probanden) deren Wirksamkeit bei der Behandlung der Tabaksucht nachgewiesen. In den USA haben diese Ergebnisse der Forschung bereits zur Zulassung der rTMS für die Behandlung von Rauchern geführt.

Hauptkategorie: Medizin
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