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Stress kann Entzündungen auslösen – ganz ohne Keime

Dienstag, 7. Juni 2022 – Autor:
In Belastungssituationen schüttet der Körper Stresshormone aus. Das macht aber erst krank, wenn Entzündungsprozesse hinzukommen. Für beides liegt die Ursache im Gehirn. Das bedeutet: Im Körper kann es Entzündungen geben – ohne einen einzigen Erreger.
Graphische Darstellung des Gehirns.

Bei Stress schüttet das Gehirn nicht nur Stresshormone aus – es kann auch Entzündungen im Körper anstoßen. Diese Kombination macht Stress zu einem Krankheitsrisiko, sagen Gesundheitspsychologen. – Foto: AdobeStock/Siarhei

Seelische Prozesse können sich positiv, aber auch negativ auf das körperliche Wohlbefinden auswirken. Ein bekanntes Beispiel dafür: Stress. Hier schüttet der Körper mehr Cortisol und Adrenalin aus und unsere Herzfrequenz steigt. Der Körper aktiviert sich damit durch natürliches Eigen-Doping; und die Hormonausschüttung alleine macht offenbar noch nicht krank. Die Gesundheit wird erst dann angegriffen, wenn Entzündungsreaktionen hinzukommen. Auch diese können ihren Ursprung im Gehirn haben. Das bedeutet: Im Körper können Entzündungsprozesse entstehen, ohne dass es dafür eines einzigen Krankheitskeims bedürfte.

Entzündungen: Mitauslöser für Diabetes, Krebs, Herzinfarkt

„Das Gehirn kann in Stresssituationen aber auch Entzündungsreaktionen hervorrufen – sie also einfach an- und abschalten –, obwohl es keinen tatsächlichen Entzündungsherd gibt, der zum Beispiel durch einen Virus oder ein Bakterium ausgelöst wurde“, sagt Nicolas Rohleder, Leiter des Lehrstuhls für Gesundheitspsychologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU). Lehrstuhl-Mitarbeiterin Johanna Janson-Schmitt erklärt: „Wir wissen schon länger, dass häufige Entzündungen Mitauslöser für viele Krankheiten sind, die zu den Haupttodesursachen in unserer Gesellschaft zählen – wie zum Beispiel Diabetes, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“

Das Team der Gesundheitspsychologen der FAU hat sich jetzt zur Aufgabe gemacht, die Mechanismen näher zu untersuchen, die Stress im Körper auslösen, und herauszufinden, wie stressbedingte Entzündungsreaktionen im Körper ablaufen. Ziel ist es, Therapien dafür zu entwickeln, um solche gesundheitsschädlichen Prozesse zu unterbinden oder zumindest zu verringern. Denn so lässt sich dann auch die Wahrscheinlichkeit für spätere Erkrankungen senken.

Wie beeinflussen Gehirn und Psyche Entzündungsprozesse?

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass psychologische Faktoren wie die individuelle Sichtweise auf Ursachen und Umstände von Stresssituationen einen Einfluss darauf haben können, ob Entzündungsprozesse entstehen oder nicht. Die psychosomatischen Mechanismen lassen sich gut an den Hypothesen ablesen, die Grundlage für die jetzt an der FAU gestartete Studie sind.

Das für die Studie geplante Experiment soll folgendermaßen ablaufen: Die Probanden werden zweimal einem Stresstest ausgesetzt. Nach dem ersten Durchlauf bekommen sie zwei unterschiedliche Anweisungen. Eine Gruppe wird zum Grübeln angeregt, die andere soll ihr Selbstmitgefühl trainieren. „Im ersten Fall gehen wir davon aus, dass es den Umgang mit Stress verschlechtert, beim zweiten, dass es sich verbessert“, sagt Gesundheitspsychologin Janson-Schmitt. „Am nächsten Tag findet dann nochmal ein Stresstest statt und wir schauen, wie unterschiedlich die Gruppen auf diese Belastung reagieren und wie sich dies in den Entzündungsreaktionen widerspiegelt.“

Entzündungen: Grübeln schadet, Selbstmitgefühl schützt

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass Menschen, die sehr viel grübeln, in der Folge zu einer schlechteren mentalen und körperlichen Gesundheit neigen. Grübler denken viel darüber nach, was alles in der Vergangenheit schiefgegangen ist, und wiederholen diese Gedanken immer wieder, obwohl sie nichts mehr daran ändern können. Die gegenteilige Form des Umgangs mit Stress benennen die FAU-Forscher mit dem Begriff „Selbstmitgefühl“ und definieren das als „positive Einstellung zu sich selbst“.

„Selbstmitgefühl“: Zufriedenheit, Akzeptanz, auf sich selbst achten

Selbstmitgefühl hat demnach etwas mit Zufriedenheit, Akzeptanz, auf sich selbst achten zu tun – und sei nicht zu verwechseln mit der ebenfalls ungünstigen Strategie des Selbstmitleids. „Selbstmitgefühl“ bedeutet auch, sich selbst den gleichen Trost oder Zuspruch zu schenken, wenn etwas schiefgegangen ist, wie man ihn gerne und ganz selbstverständlich anderen schenkt – Familienmitgliedern oder Freunden zum Beispiel.

Studienziel: Entzündungen bekämpfen durch bessere Stressresistenz

Dieses Selbstmitgefühl kann man den Wissenschaftlern zufolge trainieren. In Pilotstudien konnten sie bereits nachweisen, dass ein gesteigertes Selbstmitgefühl dazu führt, dass man Stress als weniger schlimm empfindet. In der Studie geht es jetzt darum herauszufinden, durch welches Verhalten oder welche aktive innere Einstellung Entzündungsreaktionen reduziert werden können. Und: Welche therapeutischen Bausteine sich entwickeln lassen, um Stress und Entzündungen zu verringern.

Hauptkategorie: Medizin
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