Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Stammzellen statt Tierversuche: Charité-Forscher finden erstmals Medikament gegen das unheilbare Leigh Syndrom

Dienstag, 2. März 2021 – Autor:
Pluripotente Stammzellen haben das Potenzial, Menschen zu retten und Tierversuche zu ersetzen. An der Charité wurde das jetzt an einem jungen Patienten mit unheilbarem Leigh Syndrom demonstriert. Durch das humane Modell konnten die Forscher erstmals ein wirksames Medikament gegen die bislang unbehandelbare Erkrankung des Zentralen Nervensystems finden.
Lichtjahre besser als jeder Tierversuch: Charité-Forschern gelingt mittels ein Stammzellen ein spektakulärer Behandlungserfolg des Leigh Syndroms

Lichtjahre besser als jeder Tierversuch: Charité-Forschern gelingt mittels ein Stammzellen ein spektakulärer Behandlungserfolg des Leigh Syndroms – Foto: © Adobe Stock/Dan Race

Das Leigh Syndrom ist eine unheilbare Erkrankung des Zentralen Nervensystems, bei der nach und nach Zellen des Hirnstamms und der basalen Ganglia-Region zugrunde gehen. Typisches Symptom ist die Erschlaffung der Muskulatur – ähnlich wie bei amyotropher Lateralsklerose (ALS) Kinder, die mit dem angeborenen Gendefekt zur Welt kommen, erreichen meist nicht das Erwachsenenalter. Bis heute gibt es keine Therapie gegen die seltene mitochondriale Erbkrankheit.

An der Charité wurde nun ein schwer betroffener 15-jähriger Patient mit einer neuartigen Methode behandelt. Der junge Mann war bereits gelähmt (Tetraplagie) hatte das Bewusstsein verloren, und musste künstliche beatmet. Zusätzlich litt er unter einer Kardiomyopathie – einer Erschlaffung und Verdickung des Herzmuskels mit einer ausgeprägten Herzschwäche.

Jungen Patienten aus dem Koma geholt

Um dem Patienten eine Chance zu geben, entwickelte der Neuropädiater Prof. Markus Schülke zusammen mit Stammzellforschern und Neurophsyiologen der Charité ein humanes Modell. Aus Zellen des Patienten wurden zunächst sogenannte indudzierte pluripotente Stammzellen gewonnen und diese schließlich in neuronale Zellen umgewandelt. So entstanden Zellen des zentralen Nervensystems, an denen die Forscher potenzielle wirksame Medikamente testen konnten. Ein bereits gegen eine andere Erkrankung zugelassenes Medikament erwiese sich als Treffer. Im Rahmen eines individuellen Heilversuchs wurde der Patient schließlich damit behandelt. Mit Erfolg: Er erlangte sein Bewusstsein wieder, hat heute eine normale Herzfunktion und kann trotz teilweiser Lähmung wieder in die Schule gehen.

Forscher: Brauchen keine Tierversuche mehr

Der bahnbrechende Erfolg wurde am 24. Februar als kurze Videopräsentation auf einem Symposium von Charité 3R vorgestellt und mit einem Poster Award gekürt. Das Spektakuläre daran war nicht nur der Behandlungserfolg: Sämtliche Tierversuche waren in der Vergangenheit gescheitert, eine Therapie gegen das Leigh Syndrom zu finden.

Für den Poster Award Gewinner Markus Schülke ist das vorgestellte Projekt der Beweis, dass humane Modelle besser sind als Tierversuche. „Stammzellbasierte Krankheitsmodelle sind kostengünstiger, schneller umsetzbar und viel einfacher in die Klinik umzusetzen“, sagte Schülke, als er den Poster Award entgegennahm. „Sie können Tierversuche ausnahmslos ersetzen.“

Charité gibt Millionen für Alternativen aus

Charité 3R ist ein Zentrum, das sich maßgeblich um die Entwicklung von Tierversuchsalternativen an Europas größtem Universitätsklinikum kümmert. Das 2018 gegründete Zentrum verfügt über ein Millionenbudget, um entsprechende Projekte im Sinne der 3R-Prinzipien Replace, Reduce und Refine zu fördern. Charité Dekan Prof. Axel Radlach Pries hatte das Zentrum initiiert, weil er die Entwicklung von Alternativen zu Tierversuchen für eine moralische Verpflichtung hält.

Hauptkategorien: Berlin , Medizin
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Neurologie , Stammzellen

Weitere Nachrichten zum Thema Alterativen zu Tieerversuchen

16.12.2018

Es ist dreidimensional und schlägt wie ein richtiges Herz: Forschern ist es gelungen, aus Hautzellen menschliches Herzmuskelgewebe der Vorhöfe zu züchten. An dem Herzmuskel sollen künftig Medikamente gegen Vorhofflimmern getestet werden.

Aktuelle Nachrichten

Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin