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Sozialpädiater fordern mehr Unterstützung bei Transition

Mittwoch, 9. Juli 2014 – Autor: Angela Mißlbeck
Wenn chronisch kranke oder behinderte Jugendliche 18 Jahre alt werden, beginnt für sie oft ein langer Irrweg durch das Gesundheitssystem. Denn der Übergang in die Erwachsenenmedizin ist in Deutschland mehr schlecht als recht geregelt. Sozialpädiater fordern hier dringende Verbesserungen.
Herausforderung Transition - Case Management beim Übergang in die Erwachsenenmedizin gefordert

Herausgewachsen aus der Kinderheilkunde stehen Chronisch Kranke und Behinderte ab dem 18. Geburtstag oft erstmal alleine da – Foto: lassedesignen - Fotolia

Für viele junge Erwachsene mit dauerhaften Krankheiten verschlechtert sich die Lebensqualität deutlich, wenn sie nicht mehr vom Kinderarzt und im Sozialpädiatrischen Zentrum (SPZ) betreut werden. Das kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ). Weil chronische Erkrankungen besser behandelbar sind als noch vor Jahren, wird das Problem immer größer. Mittlerweile erreichen nach Angaben des Mainzer Kinderneurologen und Sozialpädiaters Dr. Helmut Peters allein 1,3 Millionen Jugendliche mit chronischen Erkrankungen das Erwachsenenalter.

So leben inzwischen mehr Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern in Deutschland als Kinder und Jugendliche. Darauf weist Professor Harald Kämmerer vom Deutschen Herzzentrum aus München hin. 180.000 Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern stehen laut Kämmerer 120.000 Kinder und Jugendliche gegenüber. Die Überlebensrate bei angeborenen Herzfehlern beträgt heute bis zu 90 Prozent. Das führt dazu, dass in jedem Jahr rund 5000 neue erwachsene Patienten hinzukommen. Das Versorgungssystem hat sich aber darauf noch nicht eingestellt, beklagt Kämmerer. Der Übergang in die Erwachsenenmedizin (Transition) ist oft problematisch.

Vorbild Berliner Transitionsprogramm

Verschiedene Initiativen wollen das ändern, darunter auch die DGSPJ. Ein Vorbild für gelungene Übergange ins Erwachsenenalter ist nach Ansicht der medizinischen Fachgesellschaft das Berliner Transitionsprogramm, das mittlerweile von Berlin und Brandenburg aus in andere nördliche Bundesländer ausgedehnt wurde.

Im Rahmen des Programms werden Jugendliche mit verschiedenen dauerhaften Erkrankungen auf ihrem Weg in die Erwachsenenmedizin begleitet. Das Programm gilt für Jugendliche und junge Erwachsene mit Diabetes, Epilepsie, neuromuskulären Erkrankungen, chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, Rheuma und seltene Erkrankungen wie Tuberöse Sklerose und Cystinose. Ab Oktober 2014 sollen junge Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und Nierenersatztherapien hinzukommen.

Übergang in die Erwachsenenmedizin gestalten

Die DGSPJ will, dass die Transitionsleistungen des Programms künftig allen jungen Menschen zugute kommen. Sie fordert bundesweite indikationsübergreifende und strukturierte Transitionsprogramme mit Transitionsgesprächen, fest etablierten Transitions-Sprechstunden oder dem Einsatz spezialisierter Case-Manager. Zudem erwartet sie von der Politik Unterstützung für den Ausbau des Berliner Transitionsprogramms und mehr Versorgungsforschung zur Transition.

Außerdem hält die DGSJP es für nötig, dass Medizinische Zentren für erwachsene Behinderte (MZEB) etabliert und finanziert werden, die mit Sozialpädiatrischen Zentren eng zusammen arbeiten. Ein Vorbild dafür könnte Hamburg sein. Dort ist haben Kassen, Kassenärztliche Vereinigung und Ärztekammer gemeinsam ein Modell auf den Weg gebracht.

Foto: lassedesignen - Fotolia.com

Hauptkategorien: Berlin , Gesundheitspolitik , Medizin

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