So schlecht schützt die Corona-Impfung vor Omikron

Die jetzigen Corona-Impfstoffe können Infektionen mit Omikron praktisch nicht verhindern – Foto: © Adobe Stock/ yalcinsonat
Die Coronavirus-Mutante Omikron wurde vor zweieinhalb Wochen erstmals in Südafrika entdeckt. Dort wurde vor Kurzem in einer aktuellen Arbeit mit Tausenden Genesen gezeigt, dass die Antikörperantwort gegen Omikron um bis zu 42-fach reduziert ist. Omikron kann also sehr leicht den natürlichen Immunschutz durchbrechen.
Arbeit aus Frankfurt: Omikron durchbricht Impfschutz
Eine weitere und sehr aufwändige Arbeit von Sandra Ciesek aus Frankfurt am Main hat Ähnliches nun für den Impfschutz gezeigt. Die Virologen bestimmten die neutralisierenden Antikörper in Blutproben von Personen, die entweder zweimal mit Biontech, zweimal mit Moderna oder einmal mit AstraZeneca plus einmal Biontech geimpft wurden. Ein zentrales Ergebnis: Lag die Impfung sechs Monate zurück, fand Null Neutralisation bei Omikron statt.
Beide Studien deuten darauf hin, dass Omikron tatsächlich die erste Immunescape-Variante ist. Das heißt, sie sieht für das Immunsystem doch anders aus als Delta und die vorherigen Varianten.
Laut dem Virologen und Epidemiologen Alexander Kekulé bedeuten die Frankfurter Ergebnisse übersetzt, dass der Impfschutz gegenüber Delta um rund das zehnfache abgefallen ist. „Das ist auf jeden Fall so schlecht, dass man nicht mehr davon ausgehen kann, dass das ein guter Schutz ist“, sagte er im MDR Podcast am Donnerstag.
Booster verbessert Antikörperantwort gegen Omikron
Bei frisch geboosterten Personen war die Antikörperantwort deutlich besser. Etwa 60 Prozent hatten 14 Tage nach der dritten Impfung nachweisbare Antikörper gegen Omikron im Blut. Ähnlich sah es bei Genesenen und einmal Geimpften aus. „Nachweisbar heißt leider nicht, dass die dann auch genug sind, um zu schützen. Aber: Da ist zumindest etwas passiert. Da ist das Immunsystem nicht völlig naiv bezüglich dieses Virus“, erläutert Kekulé den Fund aus dem Ciesek-Labor.
Booster schützt nur für kurze Zeit
Andererseits weiß man, dass der Booster nur einen Kurzzeiteffekt hat. Bei Delta kann der verbleibende Impfschutz schwere Verläufe größtenteils noch verhindern. Doch bei Omikron ist die Fallhöhe eine andere. Nach den Labordaten aus Frankfurt sinkt der Impfschutz nach drei Monaten bei Omikron von 60 auf 25 Prozent ab, bei Delta von 100 auf 95 Prozent. Mit Impfschutz sind hier neutralisierende Antikörper gemeint, die Prozentzahlen beziehen sich auf die Zahl der Personen.
Dreiviertel der Bevölkerung wären demnach zwölf Wochen nach der dritten Corona-Impfung nicht vor Omikron geschützt. Es sei fraglich, ob dann überhaupt noch ein Schutz vorhanden sei, insbesondere, wenn man an ältere Menschen denke. „Da würde ich ein Fragezeichen dran machen, ganz ehrlich gesagt.“
Lauterbach plädiert für Booster
Der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach scheint die Zweifel nicht zu teilen. Erklärte er doch angesichts der Studienergebnisse zu Omikron, die Impfung sei nur abgeschlossen, wenn man dreimal geimpft wurde. Das würde de facto bedeuten: 2G nur noch für dreifach Geimpfte. Alexander Kekulé hält von Lauterbachs Vorstoß wenig und macht dies an einem Beispiel deutlich: „Wenn ein Medikament halt immer schlechter wirkt, dann zu sagen: Ihr müsst noch mehr davon nehmen, damit ihr gewisse Qualifikationen erfüllt. Das ist, glaube ich, der falsche Weg.“
Der richtige Weg ist seiner Ansicht nach, die Impfstoffe an Omikron anzupassen. Mit den jetzigen Vakzinen seien Infektionen mit Omikron nicht zu verhindern, sagte er. „Da ist der Zug abgefahren.“