
Post- und Paketzusteller sind besonders im Weihnachtsgeschäft starken gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt. – Foto: AdobeStock/Carsten Reisinger
Für eine einzige Straße habe er heute vielleicht 100 Pakete und Päckchen in seinem gelben Lieferwagen dabei, erzählt ein Paketbote aus Berlin-Kreuzberg. Klingeln: keiner da. Weiter klingeln, bis man hoffentlich einen Nachbarn findet, der tagsüber zu Hause ist – und auch bereit, die Sendung anzunehmen. Und dann: Fast alle Häuser hier sind Altbauten ohne Aufzug. Wohnt der Adressat im fünften Stock, heißt das mehr als 100 Treppenstufen. Nur sechs Kunden dieser Sorte – und man wäre auf dem Kölner Dom. Gesund ist das auf Dauer nicht: Das zeigt der aktuelle Barmer-Gesundheitsreport. Die rund 27.000 Beschäftigten der Post- und Zustelldienste in Berlin und Brandenburg waren ihm zufolge im vergangenen Jahr um bis zu 66 Prozent länger krankgeschrieben als Beschäftigte anderer Berufe.
Weihnachten: Stress für Zusteller besonders hoch
„Das ständige Rein und Raus aus dem Auto, Schleppen und Treppensteigen in Kombination mit Termindruck und mangelnder Wertschätzung dürften mit die Ursachen für diesen auffällig hohen Krankenstand sein“, sagt Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg. „Gerade in der jetzigen Vorweihnachtszeit ist der Stress für Post- und Paketzusteller besonders hoch.“
Post- und Paketboten: Im Schnitt 33 Tage krankgeschrieben
Post- und Paketboten waren dem Barmer-Report zufolge im vergangenen Jahr im Durchschnitt 33 Tage krankgeschrieben. Der berufsübergreifende Durchschnitt lag bei 18,9 Fehltagen. 35,1 Prozent aller Krankschreibungen entfielen bei Post- und Paketzustellern im vergangenen Jahr auf Muskel-Skelett-Erkrankungen, rund 14 Prozent auf Verletzungen. Das sind deutlich höhere Anteile als im berufsübergreifenden Durchschnitt, der bei 22,1 beziehungsweise 11,5 Prozent lag.
Lastwagenfahrer: Doppelt so viele Herz-Kreislauf-Probleme
Auch an anderen Arbeitsplätzen der Lieferkette ist der Krankenstand demnach überdurchschnittlich hoch. So waren Beschäftigte der Berufsgruppe Fahrzeugführung im Straßenverkehr im vergangenen Jahr 28,8 Tage arbeitsunfähig und Beschäftigte in der Lagerwirtschaft 25,6 Tage. Auch hier dominierten Muskel-Skelett-Erkrankungen mit einem Anteil von rund 30 Prozent aller Krankschreibungen. Lastwagenfahrer waren außerdem doppelt so häufig wegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen arbeitsunfähig als der berufsübergreifende Durchschnittsbeschäftigte. Sie machten bei Fahrzeugführern 6,8 Prozent aller Krankschreibungen aus.
Barmer ruft Arbeitgeber zu mehr Prävention auf
„Die gesundheitlichen Belastungen derer, die täglich dafür sorgen, dass wir eine große Warenvielfalt in den Supermärkten vorfinden und Bestellungen nach Hause geliefert bekommen, sind sehr komplex“, sagt Barmer-Landesgeschäftsführerin Leyh. Die Arbeitgeber rief sie auf, nicht zuletzt im eigenen Interesse stärker in die gesundheitliche Prävention zu investieren. Die gesetzlichen Krankenkassen böten hierfür Unterstützung in Form von unternehmensindividuellen Analysen und Maßnahmenkonzepten an.