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So hoch ist das Krebsrisiko von verunreinigten Sartanen

Dienstag, 5. Februar 2019 – Autor:
Nitrosaminhaltige Verunreinigungen, wie sie in mehreren Sartanen gefunden wurden, stehen unter Verdacht, krebserregend zu sein. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat das Krebsrisiko nun beziffert. Die Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken ist demnach gering, aber vorhanden.
Sartane, Krebsrisiko

Verunreinigte Sartane wie Valsartan und Losartan bergen ein Krebsrisiko. Die Behörden beziffern es auf 30 zusätzliche Fälle pro 100.000 Patienten

Sartane sind Blutdruckmittel aus der Wirkstoffklasse der Angiotensin-II-Rezeptorblocker. Sie senken chronisch hohen Blutdruck und schützten damit Herz, Gefäße und Gehirn. Millionen Menschen weltweit nehmen Sartane wie Valsartan, Candesartan, Irbesartan, Losartan, Olmesartan.

Letzten Sommer allerdings wurde bekannt, dass bei der Herstellung von Sartanen bestimmte krebserregende Stoffe entstehen können: N-Nitrosodimethylamin (NDMA) und N-Nitrosodiethylamin (NDEA). Daraufhin war eine Rückrufaktion von Valsartan-haltigen Blutdruckmedikamenten gestartet. Diese Rückrufaktion betraf bestimmte Chargen eines chinesischen Herstellers. Anschließend wurden geringfügige Verunreinigung auch bei anderen Sartanen und Herstellern gefunden und einige Blutdruckmittel wurden aus den Apotheken zurückgerufen.

Sartane dürfen jetzt mit Verunreinigunsobergrenzen auf den Markt

Die überwiegende Mehrheit der Sartane darf aktuelle weiter produziert werden - unter Einhaltung bestimmter Grenzwerte für NDMA und NDEA. Treten beide Stoffe gemeinsam auf, dürfen die Blutdruckmittel nicht verkauft werden. Nach einer zweijährigen Übergangsphase müssen die Unternehmen nachweisen, dass ihre sartanhaltigen Arzneimittel keine messbaren Verunreinigungen mehr aufweisen, bevor sie in der EU verwendet werden dürfen.

Das bedeutet: Momentan sind nitrosaminhaltige Verunreinigungen bis zu einem gewissen Grenzwert zulässig und die Karzinogene in den Blutdruckpillen enthalten.

Bei den Verbrauchern hinterlässt das alles eine große Verunsicherung. Wie groß ist das Risiko an Krebs zu erkranken, wenn ich jahrelang täglich Sartane eingenommen habe?

30 mehr Krebsfälle auf 100.000 Patienten

Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat nun eine Einschätzung des Krebsrisikos veröffentlicht. Dort heißt es: Wenn 100.000 Patienten NDMA verunreinigtes Valsartan von Zhejiang Huahai (Herstellungsstätte, bei der die höchsten Mengen an Verunreinigungen gefunden wurden) jeden Tag für 6 Jahre in der höchsten Dosis eingenommen hätten, könnte dies 22 zusätzliche Krebsfälle über die Lebenszeit dieser 100.000 Patienten bewirken. Das Vorkommen von NDEA in diesen Arzneimitteln könnte zu 8 zusätzlichen Krebsfällen bei 100.000 Patienten führen, wenn sie das Medikament mit der höchsten täglichen Dosis über 4 Jahre eingenommen hätten. Die Dauer von 6 und 4 Jahren bezieht sich auf die Zeit, in der NDMA und NDEA vermutlich in Valsartan von Zhejiang Huahai vorhanden war.

Herzrisiko größer als Krebsrisiko

Die Schätzungen wurden aus Tierversuchen hochgerechnet. Die EMA stuft das Krebsrisiko als sehr niedrig ein – und betont, dass jeder zweite EU-Bürger im Laufe seines Lebens ohnehin an Krebs erkrankt. Das bedeutet nach dem obigen Beispiel, dass statt 50.000 von 100.000 Patienten 50.030 an Krebs im Laufe ihres Lebens an Krebs erkranken.

Zudem versucht die Behörde Patienten zu beruhigen, indem sie auf das strenge Kontrollverfahren, das die Sicherheit von sartanhaltige Medikamenten garantieren soll, verweist. Patienten, die valsartanhaltige Arzneimittel einnehmen, werden ausdrücklich darum gebeten, das Arzneimittel nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt abzusetzen, da das gesundheitliche Risiko eines Absetzens um ein Vielfaches höher liegt als das Risiko durch eine mögliche Verunreinigung.

Foto: pixabay

Hauptkategorien: Gesundheitspolitik , Medizin
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