Siponimod bremst Progression bei Multipler Sklerose

Gegen sekundär progrediente MS könnte es bald eine neue Therapieoption geben
Bei den allermeisten MS-Patienten beginnt die Erkrankung mit Schüben, das heißt mit plötzlichen starken Verschlechterungen, die sich dann vollständig oder zum Teil wieder zurückbilden. Bei ihnen stehen Entzündungsprozesse im Zentrum der Erkrankung. Bei einem Teil dieser Patienten geht jedoch der schubförmige Verlauf nach einigen Jahren in den sekundär progredienten Verlauf über. Hier kann es zwar auch noch zu Schüben kommen, doch vor allem gibt es nun eine langsame, aber stetige Verschlechterung des Zustands. Entzündungen spielen hier nur noch eine untergeordnete Rolle. Die genauen Mechanismen, die zu diesen Veränderungen führen, sind noch nicht bekannt.
Eines der großen Probleme: Für die sekundär progrediente MS (SPMS) gibt es bisher weitaus weniger Therapiemöglichkeiten als für die schubförmige. In einer Phase-3-Studie konnte jedoch der Wirkstoff Siponimod, ein S1P-Modulator, das Fortschreiten dieser Form von MS signifikant reduzieren. Zu einer Zulassung könnte es im Frühjahr 2019 kommen.
Nebenwirkungen von Siponimod mit denen von Fingolimod vergleichbar
„Siponimod, ein selektiver Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptor-Modulator, hat sich bei SPMS als wirksam erwiesen. Das ist die erste positive Phase-3-Therapiestudie explizit für SPMS mit einem Medikament aus der Gruppe derer gegen hochaktive MS“, berichtete Professor Frauke Zipp, Direktorin die Klinik und Poliklinik für Neurologie der Johannes Gutenberg Universität Mainz, bei der diesjährigen Neurowoche in Berlin. Die Patienten waren in der Phase-3-Therapiestudie zu Beginn im Durchschnitt 48 Jahre alt, litten im Mittel seit etwa 17 Jahren an einer Multiplen Sklerose, befanden sich seit etwa vier Jahren im Stadium der SPMS, und 56 Prozent benötigten bereits Gehhilfen.
„Bei diesen Patienten kam es unter einer durchschnittlich 18-monatigen Therapie im Vergleich zu Placebo zu einer 21-prozentigen Reduktion des Risikos einer bestätigten Behinderungsprogression, allerdings auch zu Nebenwirkungen ähnlich wie bei dem MS-Medikament Fingolimod“, so die Neurologin, die als MS-Expertin auch die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) vertritt und Vorstandsmitglied des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) ist. Es handle sich um einen recht kurzen Beobachtungszeitraum, und sicherlich wünsche man sich noch durchschlagendere Effekte für die zumeist noch jungen Patienten, resümiert Zipp. „Aber es ist ein Fortschritt“, so die Expertin.
Mögliche Zulassung im Frühjahr 2019
Bereits im Oktober dieses Jahres hat der Hersteller Novartis mitgeteilt, dass sowohl die US Food and Drug Administration (FDA) als auch die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) den Antrag für die Zulassung von Siponimod beim sekundär progredienten Verlauf der Multiplen Sklerose akzeptiert haben. Siponimod bindet am Sphingosin-1-Phosphat(S1P)-Rezeptor von Lymphozyten, die dadurch am Eintritt in das Zentralnervensystem gehindert werden. Damit weist Siponimod einen ähnlichen Wirkungsmechanismus auf wie Fingolimod, das seit 2011 zur Behandlung der hoch aktiven schubförmig-remittierenden MS zugelassen ist. Der Wirkstoff soll aber auch im Hirngewebe selber an S1P binden und dadurch die Aktivität der im Gehirn beheimateten Abwehrzellen (Oligodendrozyten und Astrozyten) bremsen.
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