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SGLT-2-Inhibitoren zögern Zeit bis zur Dialyse hinaus

Donnerstag, 3. September 2020 – Autor:
Die Substanzklasse der SGLT-2-Inhibitoren kann das Fortschreiten einer chronischen Nierenkrankheit verlangsamen. Zwei neue Studien zeigen, dass Patienten egal ob mit oder ohne Diabetes später an die Dialyse müssen.
Mehr als ein Diabetesmittel: Die Substanzklasse der SGLT-2-Inhibitoren kann Dialysepflichtigkeit bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit hinausschieben

Mehr als ein Diabetesmittel: Die Substanzklasse der SGLT-2-Inhibitoren kann die Dialysepflichtigkeit bei Patienten mit chronischer Nierenkrankheit hinausschieben – Foto: ©Crystal light - stock.adobe.com

SGLT-2-Hemmer wurden ursprünglich als Diabetesmedikamente entwickelt. Die Wirkstoffe hemmen die Glukose-Rückresorption in den Nierentubuli, was zur verstärkten Ausscheidung von Glukose mit dem Urin führt: In der Folge sinkt der Blutzuckerspiegel. Ein erwünschter Nebeneffekt ist, dass gleichzeitig das hohe kardiovaskuläre Risiko von Diabetikern gesenkt wird. Nun erhärten sich die Hinweise, dass die Medikamente auch eine weitere häufige Ko-Morbidität bei Diabetes positiv beeinflussen: die chronische Nierenerkrankung.

Bereits vor fünf Jahren zeigte die EMPA-REG OUTCOME ein verbessertes renales Outcome bei Diabetikern für den SGLT-2-Hemmer Empagliflozin. Damals war noch nicht klar, ob auch Nierenkranke ohne Diabetes von dem Mittel oder der Substanzklasse profitieren könnten.

Benefit auch für Nicht-Diabetiker

Am Wochenende wurden auf dem europäischen Kardiologiekongress nun zwei Studien vorgestellt, die genau das zeigen. SGLT2-Inhibitoren können demnach effektiv das Fortschreiten einer Nierenerkrankung verlangsamen und die Dialysepflichtigkeit hinauszögern – bei Diabetikern wie bei Nicht-Diabetikern.

„Die aktuellen Studienergebnisse sprechen dafür, SGLT2-Inhibitoren in die Standardtherapie von chronisch Nierenkranken Patienten zu implementieren, um die Progression zu verlangsamen und die Dialysepflicht hinauszuzögern“, erklärt Professor Julia Weinmann-Menke, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN).

Zwei Studien – ein Ergebnis

Eine der beiden Studien war die DAPA-CKD-Studie. 4.304 Patienten, davon 67,5 Prozent Diabetiker, wurden randomisiert und hatten entweder den SGLT2-hemmer Dapagliflozin oder ein Plazebo erhalten – jeweils zusätzlich zur bisherigen Therapie, etwa mit RAAS-Inhibitoren. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter, bestehend aus einer über 50%igen Abnahme der glomerulären Filtrationsrate, (GFR), Erreichen der Dialysepflicht (ESRD) oder Tod aufgrund einer renalen oder kardiovaskulären Ursache. Während der Studie traten 197 Ereignisse in der Dapagliflozin-Gruppe und 312 Ereignisse in der Placebogruppe auf, der Unterschied war somit hochsignifikant. Die positiven Effekte traten sowohl bei Patienten mit Diabetes als auch ohne Diabetes auf.

Die Ergebnisse der EMPEROR-Reduced-Studie weisen ebenfalls auf einen klaren Therapievorteil durch den SGLT2-Inhibitor hin: die jährliche Rate des Nierenfunktionsverlusts war in der Interventionsgruppe deutlich geringer als in der Placebogruppe. In diese Studie waren waren 3.730 Patienten mit Herzinsuffizienz eingeschlossen.

„Wir haben nun eine neue Substanzklasse im Armamentarium, um Patienten mit chronischer Nierenkrankheit möglichst lange vor der Dialysepflichtigkeit zu bewahren“, meint Nierenspezialistin Weinmann-Menke. Beide Studienergebnisse könnten für die zukünftige Therapie der chronischen Nierenkrankheit wegweisend sein.

Foto: © Adobe Stock/Cristal light

Hauptkategorie: Medizin
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