Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Seltene Erkrankungen besser behandeln

Samstag, 6. Mai 2017 – Autor:
Patienten mit Seltenen Erkrankungen sollen bundesweit besser versogt und behandelt werden. Dafür geht ein neues Kompetenznetzwerk unter Beteiligung der Charité an den Start.
Krankes Kind

Bei Seltenen Erkrankungen zeigen sich Symptome oft schon im Kindesalter – Foto: vchalup - Fotolia

Rund vier bis fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden an einer der über 8.000 bekannten Seltenen Erkrankungen. Sie bilden eine sehr heterogene Gruppe von zumeist komplexen Krankheitsbildern. Diese verlaufen meist chronisch, gehen mit Invalidität und/oder eingeschränkter Lebenserwartung einher und führen häufig bereits im Kindesalter zu Symptomen.

Etwa 80 Prozent der Seltenen Erkrankungen sind genetisch bedingt oder mitbedingt, selten sind sie heilbar. Die Seltenheit der einzelnen Erkrankungen erschwert aus medizinischen und ökonomischen Gründen häufig die Forschung und die medizinische Versorgung der betroffenen Patientinnen und Patienten. Denn eigens für diese Erkrankungen entwickelten Arzneimittel (Orphan Drugs) sind nur von wenigen Patienten nutzbar.

Diagnose oft erst nach jahrelanger Odyssee

„Oft erhalten diese Patienten erst nach einer jahrelangen Odyssee von Arzt zu Arzt die richtige Diagnose, wodurch die Betroffenen und ihre Familien unerträglich lange in Unsicherheit bleiben und oft wertvolle Zeit für die Therapie verloren geht“, sagt Prof. Annette Grüters-Kieslich, Direktorin der Klinik für Pädiatrie mit Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie an der Charité-Universitätsmedizin Berlin und ist Sprecherin des Netzwerks.

Der Verbund aus Universitätskliniken, der Patientenorganisation Achse und gesetzlichen Krankenkassen soll den bestehenden Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Seltenen Erkrankungen (NAMSE) gezielt umsetzen. Das neue Projekt Translate-NAMSE, das an den Start geht, wird mit circa 13,4 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) gefördert.

Seltene Erkrankungen besser behandeln

Dazu werden sich im Rahmen des Projektes etablierte Zentren für Seltene Erkrankungen an neun Standorten der Universitätsmedizin (Berlin, Bonn, Dresden, Essen, Hamburg, Heidelberg, Lübeck, München, Tübingen) zunächst regional so miteinander vernetzen, dass sie sich in ihrer Expertise ergänzen. Die regionalen Netzwerke werden sich dann wiederum auch länderübergreifend austauschen.

„Ziel ist es, durch standardisierte Prozesse die Diagnostik deutlich zu beschleunigen und zudem bundesweit eine kontinuierliche und wohnortnahe Versorgung bis in das Erwachsenenalter sicherzustellen“, erklärt Prof. Grüters-Kieslich. So würden unklare Fälle und Verläufe künftig mit den Experten der verschiedenen Standorte in Fallkonferenzen diskutiert, ähnlich wie dies heute bereits in den Tumorkonferenzen der Krebszentren praktiziert werde. Auch die Kommunikation zu den niedergelassenen Ärzten soll verbessert werden. All dies soll dazu beitragen, dass Patienten mit Seltenen Erkrankungen besser behandelt werden können.

Krankenkassen unterstützen das Projekt

„Die beteiligten Krankenkassen werden dazu im Rahmen des Projektes stärker in eine umfassendere Anfangsdiagnostik investieren. Zum einen verkürzt dies die leidvolle Odyssee der Patienten, zum anderen erhoffen wir uns davon auch eine bessere Versorgung für unsere Versicherten. Durch eine schnellere Diagnostik können auch Mutationen erkannt und entsprechend therapiert werden, die im ersten Ansatz vielleicht gar nicht bedacht wurden“, erläutert Dr. Werner Wyrwich, Mediziner bei der AOK Nordost. Neben der AOK Nordost ist die Barmer Partner in dem Projekt.

Foto: vchalup/fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Seltene Erkrankungen

Weitere Nachrichten zum Thema Seltene Erkrankungen

Kommt es bereits im Kindesalter zu einem fortschreitenden Haarverlust, kann dies die Folge der seltenen Erkrankung Hypotrichosis simplex sein. Forscher unter der Leitung von Humangenetikern des Universitätsklinikums Bonn haben nun ein Gen entschlüsselt, das für den Haarausfall mitverantwortlich ist.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Das Chronische Fatigue Syndrom (CFS) bedeutet für viele Patienten meist einen weitgehenden Verlust ihres bisherigen Lebens. Dennoch gibt es bisher kaum wirksame Therapien und zu wenig Forschung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit Professor Carmen Scheibenbogen über die Erkrankung und ihre Behandlungsmöglichkeiten gesprochen.
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Kliniken
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin