Gelaufene Schritte, Kaffeekonsum, Körperfettanteil, der pH-Wert des Urins – mittlerweile gibt es kaum etwas, was sich nicht via Handy oder Tablet mit den entsprechenden Apps bestimmen ließe. Der Trend nennt sich Self-Tracking, wörtlich übersetzt „Selbstverfolgung“. Anhänger der Bewegung sammeln ständig Daten über die eigenen Körperfunktionen. Und der Trend geht weit über die Unterstützung der gesundheitlichen Versorgung von beispielsweise chronisch Kranken hinaus. Häufig handelt es sich vielmehr um den Hang zur Selbstoptimierung – besonders beliebt unter Sportlern und vor allem bei jüngeren Menschen.
Selftracker zeichnen beispielsweise mittels eines Schlafphasenweckers, der in ein Stirnband eingearbeitet ist, über Nacht ihre Hirnströme auf. Sie wissen dadurch am nächsten Tag nicht nur, wie gut sie geschlafen und wie lange sie geträumt haben – sie werden auch genau dann geweckt, wenn sich der Körper natürlicherweise dem Aufwachen nähert, was morgendliche Müdigkeit weitgehend verhindern soll.
Spielerei oder sinnvolle Ergängzung der medizinischen Versorgung?
Vor einigen Jahren noch war Self-Tracking fast nur in den USA ein Trend, doch mittlerweile findet es auch in Deutschland immer mehr Anklang. Es ist ein Bestandteil der Quantified-Self-Bewegung, für deren Anhänger das Messen und Verwalten von Körperdaten und Aktivitäten zum Alltag gehört. Es gibt eine Quantified-Self-Community, Blogs, die sich nur mit dem Thema Self-Tracking befassen, Listen über die besten Self-Tracking-Apps für Manager und vieles mehr.
Vor allem junge Männer lassen sich von der Bewegung begeistern. Meist geht es ihnen nicht nur um die Selbsterkenntnis durch Zahlen, sondern auch um die Motivation, sich zu verbessern. Durch den Austausch der Daten über die Community entsteht oft ein Wettbewerb unter den Anhängern. Self-Tracking kann aber auch eine sinnvolle Unterstützung bei der Behandlung von Krankheiten sein. So lassen sich Herzfrequenz, Blutdruck und Blutzuckerwerte über das Smartphone und die entsprechenden Apps leicht verwalten. Auch der Datenaustausch mit dem behandelnden Arzt kann so erleichtert werden.
Risiko Self-Tracking
Doch der Trend hat auch Schattenseiten. So sind die meisten Apps nicht medizinisch geprüft, und der Nutzen für den Anwender ist oft eher zweifelhaft. Manche Apps können sogar gefährlich sein, beispielsweise solche, mit denen man Bilder von Hautveränderungen machen und diese automatisch bewerten lassen kann. Denn die Kriterien für diese Bewertung sind meist sehr unsicher, und eine App sollte niemals den Blick des erfahrenen Arztes ersetzen. So kann wertvolle Zeit bis zur richtigen Diagnose verloren gehen.
Zudem birgt Self-Tracking ein nicht unerhebliches Suchtpotenzial. Wer erst einmal mit der digitalen Selbstüberprüfung angefangen hat, will häufig bald immer mehr Daten über sich sammeln – und der Druck über die soziale Community trägt dazu noch bei. So kann die Beschäftigung mit dem eigenen Körper zur Sucht werden, die sogar alle anderen Interessen in den Hintergrund rückt.
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