Selen schützt vor Prostatakrebs - vielleicht
Immer wieder wird Selen zur Prävention von Prostatakrebs empfohlen. Doch Studien, die den Effekt von Selen auf das Risiko, an Prostatakrebs zu erkranken, untersucht haben, kamen bisher zu widersprüchlichen Ergebnissen. So wurde die SELECT-Studie („Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial“) nach fünf Jahren vorzeitig gestoppt, weil die Einnahme von 200 µg Selen pro Tag keinerlei Einfluss auf das Erkrankungsrisiko zu haben schien.
Dagegen kam eine Subanalyse der NPC-Studie („Nutritional Prevention of Cancer“) zu dem Ergebnis, dass dieselbe Dosis das Risiko für Prostatakrebs um 52 Prozent senken konnte. Allerdings beschränkte sich der protektive Effekt in der NPC-Studie auf eine ganz bestimmte Risikogruppe von Patienten mit Krebs in der Vorgeschichte, die zudem niedrige Ausgangswerte der Selenkonzentration aufwiesen.
Wirksamkeit von Selen nur innerhalb eines engen Bereichs
Auch andere Studien kamen zu uneinheitlichen Ergebnissen. Eine aktuelle Metaanalyse britischer Wissenschaftler legt nun die Vermutung nahe, dass die schützende Wirkung von Selen wahrscheinlich eine Frage der richtigen Dosis ist. Die Forscher werteten hierzu zwölf Studien mit insgesamt über 13.000 Teilnehmern aus und legten dabei den Fokus auf das Prostatakarzinomrisiko in Abhängigkeit von der Selen-Plasma-Konzentration. Das Ergebnis: Innerhalb eines relativ engen Bereichs zwischen 60 und 170 ng/ml nahm das Erkrankungsrisiko mit steigenden Selenwerten um bis zu 25 Prozent ab. Bei fortgeschrittenem Prostatakarzinom nahm die schützende Wirkung des Selens sogar noch zu.
Ein Marker für den Selenstatus ist auch die Konzentration des Spurenelements in den Zehennägeln. In einer Studie von Hurst und Kollegen zeigte sich, dass innerhalb eines Bereichs von 0,85 bis 0,94 µg/g das Risiko um bis zu 70 Prozent sank. Darunter und darüber schien es jeweils anzusteigen. Der genannte Bereich der Selenkonzentrationen in den Zehennägeln entspricht 120 bis 150 ng/ml im Plasma.
Bisher keine Empfehlung für die Einnahme von Selen
Dennoch bleibt die Frage ungeklärt, wie viel Selen tatsächlich eingenommen werden müsse, um das Prostatakrebsrisiko zu senken. Die Studienkommentatorinnen Dr. Erin L. Richman und Dr. June M. Chan von der University of California in San Francisco betonen, dass erst weitere Studien zeigen müssten, wie sich das Prostatakrebsrisiko bei Selenkonzentrationen im Plasma von über 170 ng/ml entwickelt, inwieweit es sich auszahlt, wenn ein Patient erst nach der Krebsdiagnose mit der Seleneinnahme beginnt und inwieweit verschiedene Genvarianten im Selenmetabolismus Einfluss auf die Entstehung von Prostatakrebs haben. Aufgrund der unklaren Ausgangslage sei eine Nahrungsergänzung mit Selen für die Prävention Prostatakrebs zurzeit jedenfalls nicht zu empfehlen.