Schmerzlinderung bei Neugeborenen oft unzureichend
Neugeborene und Säuglinge leiden unter Schmerzen genauso wie alle anderen Menschen, allerdings sind sie nur eingeschränkt in der Lage, dies auch zu zeigen. Mediziner gehen jedoch davon aus, dass bereits Föten ab der 24. Schwangerschaftswoche Schmerzen empfinden. Doch diese Erkenntnisse haben sich bisher nur wenig im medizinischen Alltag etabliert, denn gerade bei den jüngsten Patienten werden die durch medizinische Eingriffe verursachten Schmerzen kaum gelindert, wie eine Studie portugiesischer Forscher jetzt bestätigt hat. Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen veröffentlichten die Wissenschaftler im European Journal of Pain.
Schmerzhafte Eingriffe bei Neugeborenen häufig
Die Forscher hatten 18 Studien ausgewertet, in welche die Daten von insgesamt 3.156 Neugeborenen, die in Kliniken behandelt wurden, eingeflossen waren. Sie konnten zeigen, dass Babys unter einem Monat bis zu 17-mal am Tag mit Schmerzen verbundene Eingriffe wie Blutentnahmen oder das Absaugen der Atemwege über sich ergehen lassen mussten. Dabei wurden nur selten ausreichende schmerzlindernde Maßnahmen getroffen.
Gerade bei Frühchen oder durch Erkrankungen geschwächten Babys, die besonders häufig behandelt werden mussten, wurde auf ein adäquates Schmerzmanagement meist verzichtet, wie die Studienautoren betonen. Dabei gibt es einfache, nichtmedikamentöse Möglichkeiten, die Schmerzen bei Neugeborenen zu lindern beziehungsweise sie davon abzulenken. Als sinnvoll hat sich beispielsweise die Gabe eines in Zuckerlösung getränkten Schnullers, enger Körperkontakt mit der Mutter oder das Stillen während des Eingriffs erwiesen. Auch sollte bei reiferen Neugeborenen die Blutentnahme nicht über das oft übliche Ritzen der Ferse, sondern über eine Venenpunktion geschehen.
Zucker kann Schmerzen effektiv lindern
Schon vor Jahren hatte die Basler Pflegewissenschaftlerin Eva Cignacco herausgefunden, dass das Nuckeln an Glukosestäbchen auch bei extrem frühgeborenen Kindern Schmerzen effektiv lindern kann. Ihre Studie war im US-Fachblatt Pediatrics veröffentlicht worden und auf große Resonanz gestoßen.
Bis Mitte der 1980er-Jahre waren die meisten Mediziner der Ansicht, Frühgeborene könnten aufgrund ihrer unvollständig ausgebildeten Nervenbahnen noch keine Schmerzen empfinden. Heute weiß man, dass das falsch ist. Forscher nehmen an, dass häufige Schmerzerfahrungen in frühester Kindheit sogar dazu führen können, dass die Betroffenen langfristig schmerzsensibler werden. Kurzfristig kann man häufig eine Apathie bei Kindern erkennen. Man vermutet, dass häufige schmerzhafte Erfahrungen auch die kognitive Entwicklung der Kinder negativ beeinflussen können.
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