Schlaganfall-Studie bestätigt Lyse-Zeitfenster von 4,5 Stunden
Nach einem Schlaganfall muss alles schnell gehen. Je früher die sogenannte Lysetherapie eingeleitet wird, desto besser sind die Behandlungsergebnisse für die Patienten. Das geht aus einer Meta-Analyse von neun größeren Therapiestudien hervor, die jetzt in der Fachzeitschrift The Lancet erschienen ist. Die Untersuchung bestätigte, dass die Lysebehandlung im Zeitfenster von 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall effektiv ist – auch bei älteren Menschen. Demnach sind die Ergebnisse dann am besten, wenn die Behandlung innerhalb der ersten drei Stunden beginnt. Die Chancen eines Patienten, den Schlaganfall ohne schwere Behinderungen zu überleben, waren um 75 Prozent höher als in der Vergleichsgruppe, die keine Lysetherapie erhielt. Wurde die Lyse drei bis 4,5 Stunden nach dem Schlaganfall begonnen, betrug der Vorteil noch 26 Prozent. „Unsere Ergebnisse bestätigen den Effekt der Lyse im Zeitfenster von 4,5 Stunden“, erklärt Professor Werner Hacke von der Universitätsklinik Heidelberg. Zu einem späteren Zeitpunkt, bleibe ihr Einsatz immer eine Einzelfallentscheidung.
Schlaganfall: Daten zeigen, dass auch über 80-Jährige von einer Lyse profitieren
Hacke leitet die “Stroke Thrombolysis Trialists’ Collaborative Group“, die die Meta-Analyse durchgeführt hat. Das internationale Forscherteam hat für die Analyse Daten aller 6.756 Studienteilnehmer einzeln ausgewertet, um ein möglichst unverfälschtes Bild von der Effektivität und den möglichen Risiken zu erhalten.
Die Deutsche Schlaganfallgesellschaft (DSG) hält die neuen Ergebnisse für wichtig, weil viele Ärzte gerade bei älteren Patienten noch zurückhaltend mit der Lysetherapie sind. „Die Angst vor Komplikationen ist weit verbreitet“, sagt Professor Joachim Röther, Pressesprecher der DSG und Chefarzt der Neurologischen Klinik an der Asklepios Klinik Altona. Da 1.729 Teilnehmer der Studien älter als 80 Jahre waren, liefere die aktuelle Meta-Analyse hier erstmals zuverlässige Ergebnisse. „Die Erfolgsrate der Lysetherapie war bei Hochbetagten keineswegs schlechter, die Ergebnisse waren tendenziell sogar besser“, berichtet Röther. Auch hinsichtlich des Blutungsrisikos sieht der Experte bei älteren Patienten keine Probleme.
Keine Lyse ohne Bildgebung
Blutungen sind die am meisten gefürchtete Komplikation der Lysetherapie. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie weist deshalb darauf hin, dass der Auflösung des Blutgerinnsels immer eine Computer- oder eine Kernspintomografie vorausgehen sollte, um Hirnblutungen als Ursache des Schlaganfalls auszuschließen. „Die Untersuchung verzögert zwar den Therapiebeginn, doch eine gut organisierte Stroke Unit mit entsprechend qualifiziertem Personal kann dies ausgleichen“, sagt DGN-Pressesprecher Professor Hans-Christoph Diener. Wichtig sei die Aufklärung der Bevölkerung. „Die Angehörigen müssen wissen, dass ein Schlaganfall immer ein Notfall ist, auch wenn Betroffene keine Schmerzen haben.“
Obwohl die Wirksamkeit der Lysetherapie bereits seit 20 Jahren belegt ist, wird sie in Deutschland bei nur rund zehn Prozent der Schlaganfallpatienten durchgeführt. Nach Auskunft von Prof. Diener liegt dies vor allem daran, dass nur etwa 30 bis 40 Prozent der Schlaganfallpatienten rechtzeitig die Klinik erreichen. In einigen europäischen Ländern, werde zudem bei leichten oder aber besonders schweren Schlaganfällen sowie bei Menschen über 80 Jahre von der Behandlung abgeraten. Dies treffe jedoch nicht auf Deutschland zu.
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