Schlaganfall bei Kindern erkennen

Schlaganfälle bei Kindern und Jugendlichen werden oft nicht rechtzeitig erkannt. Dabei gilt auch hier: Time is brain
In Deutschland erleiden jedes Jahr rund 270.000 Menschen einen Schlaganfall. Darunter sind auch mehrere Hundert Kinder und Jugendliche. Gerade in dieser Altersgruppe denkt aber niemand gleich an einen Schlaganfall. Folglich geht wertvolle Zeit verloren. Im Schnitt dauert es 23 Stunden, bis überhaupt die Diagnose gestellt wird. Für eine Auflösung des Blutgerinnsels mit Thrombolyse oder Thrombektomie ist es dann viel zu spät. Beide Therapien sind aber prinzipiell auch für Kindern und Jugendliche möglich - wenn sie innerhalb von vier Stunden nach den ersten Symptomen in die Klinik kämen.
„Die Folgen der schleppenden Behandlung bei Kindern können gravierend sein“, erklärt Dr. med. Lucia Gerstl, Leiterin des Deutschen Netzwerks Pediatric Stroke. „Nur rund jedes dritte Kind erholt sich nach einem Schlaganfall vollständig, bei einem Großteil kommt es zu langfristigen neurologischen Beeinträchtigungen wie einer Halbseitenlähmung oder einer Epilepsie.“
FAST-Schema gilt auch für Kinder
Woran man einen Schlaganfall bei Kindern erkennt – das hat die Münchner Neurologin in einer Studie untersucht. Demnach zeigt die überwiegende Mehrzahl (91%) der Kinder als erste Anzeichen fokale Ausfallerscheinungen wie eine Halbseitenlähmung, Gesichtslähmungen oder plötzlich auftretende Sprachstörungen. Die Symptome entsprechen also dem FAST-Schema, das bei Erwachsenen angewendet wird, um einen Schlaganfall festzustellen. Bei Kindern können zusätzlich unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit, Krampfanfälle oder innere Unruhe hinzukommen. Außerdem treten die Symptome oft nicht schlagartig auf, sondern werden erst mit der Zeit immer schlimmer.
So erkennt man einen Schlaganfall beim Kind
Umso wichtiger ist es, den FAST-Test schon bei den ersten Anzeichen anzuwenden. FAST steht als Abkürzung für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit).
Der FAST-Test geht so:
- Face: Bitten Sie die Person zu lächeln. Hängt ein Mundwinkel herab, deutet das auf eine Halbseitenlähmung hin
- Arms: Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, ein Arm sinkt oder dreht sich.
- Speech: Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.
- Time: Zögern Sie nicht, wählen Sie unverzüglich die 112 und schildern Sie die Symptome.
„FAST-Symptome sollten auch bei Kindern immer an einen Schlaganfall denken lassen und Anlass für eine sofortige bildgebende Untersuchung sein“, betont Gerstl, auch wenn die schleppender auftreten würden als bei Erwachsen.
Andere Ursachen als bei Erwachsenen
In der Studie wurden außerdem die häufigsten Ursachen für einen Schlaganfall bei Kindern und Jugendlichen ermittelt. Danach wiesen 40 Prozent der betroffenen Kinder mindestens zwei der bekannten Risikofaktoren für einen Schlaganfall im Kindesalter auf. Dazu zählen etwa Blutgerinnungsstörungen, Herzerkrankungen, Veränderungen der Hirngefäße (zum Beispiel durch Entzündung), schwere Infektionen, Stoffwechselstörungen oder genetische Ursachen.
Das Netzwerk Pediatric Stroke erarbeitet derzeit eine S3-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie des kindlichen Schlaganfalls und baut zudem ein bundesweites Kinderschlaganfall-Register auf. Ziel ist es, die Zeit bis zu Diagnose und Therapiebeginn zu verringern sowie die Rezidivrate zu senken. Derzeit bekommt jedes dritte betroffene Kind einen weiteren Schlaganfall.
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