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Scheidung: Paritätsmodell kann für Vorschulkinder sinnvoll sein

Mittwoch, 25. Oktober 2017 – Autor: Anne Volkmann
Bei einer Trennung müssen Eltern entscheiden, ob ihre Kinder überwiegend bei einem Elternteil aufwachsen (Residenzmodell) oder sich bei beiden Eltern ungefähr gleich viel aufhalten (Paritätsmodell). Eine Studie hat nun gezeigt, dass Vorschulkinder, die mit dem Paritätsmodell aufwachsen, teilweise weniger psychische Probleme aufweisen als Trennungskinder, die überwiegend bei einem Elternteil leben.
Scheidung

Eine Scheidung bringt auch für die Kinder vielfältige Belastungen mit sich – Foto: ©gstockstudio - stock.adobe.com

Nach einer Scheidung entscheiden sich Väter und Mütter in Deutschland zu über 90 Prozent für das Residenzmodell, bei dem sich die Eltern zwar (normalerweise) das Sorgerecht teilen, die Kinder aber vorwiegend bei einem Elternteil leben – und zwar fast immer bei der Mutter. Beim Paritätsmodell (häufig auch als Wechselmodell oder Pendelmodell bezeichnet) werden die Kinder nach der Trennung hingegen in beiden Haushalten zeitlich annähernd gleichwertig betreut. Während das Paritätsmodell in Deutschland eher selten praktiziert wird, ist es beispielsweise in Schweden weit verbreitet. Rund ein Drittel aller Vorschulkinder, deren Eltern getrennt leben, werden dort auf diese Weise betreut. Nun haben schwedische Forscher untersucht, wie sich die unterschiedlichen Modelle auf die psychische Entwicklung der Kinder auswirken. Das Ergebnis: Offenbar können Vorschulkinder nach der Trennung der Eltern durchaus vom sogenannten Wechselmodell profitieren.

Kinder profitierten vom Wechselmodell

Verteidiger des Wechsel- bzw. Paritätsmodells sind der Meinung, dass sich die gleichwertige Unterstützung durch beide Elternteile positiv auf das Wohlbefinden der Kinder auswirke. Gegner des Modells glauben hingegen, der ständige Wechsel zwischen den verschiedenen Hauhalten führe bei den Kindern zu Stress. Zudem benötigen nach Auffassung der Kritiker gerade kleinere Kinder ein hohes Maß an Stabilität, die sie nur durch eine primäre Bezugsperson erhalten könnten. Zwei Lebensmittelpunkte und nicht nur das eine „Nest“ zu haben, gefährde hingegen die kindliche Entwicklung.

Um diese Behauptungen zu untersuchen, haben Forscher vom Karolinska-Institut in Stockholm nun die Daten von 3656 Vorschulkindern im Alter zwischen drei und fünf Jahren analysiert. Bei acht Prozent der beobachteten Kinder hatten sich die Eltern getrennt. Von diesen Kindern lebten136 im paritätischen Wechselmodell, 79 Kinder überwiegend bei einem Elternteil und 72 wurden komplett alleine erzogen.

Die Analyse zeigte bei den Trennungskindern Vorteile des Paritätsmodells. Wie die Forscher berichten, hatten die Kinder, die meist oder ausschließlich bei einem Elternteil wohnten, insgesamt mehr psychologische Probleme als Kinder, die von beiden Eltern zu gleichen Teilen betreut wurden. Das ergab sich zumindest bei der Auswertung der Angaben von Eltern und Lehrern der betroffenen Kinder. Interessanterweise hatten die Trennungskinder, die im Wechselmodell aufwuchsen, sogar kaum mehr Probleme als diejenigen, deren Eltern sich nicht getrennt hatten. Nach Auffassung der Forscher zeigt die Studie, dass das Paritätsmodell auch bei Vorschulkindern nicht per se mit psychologischen Problemen für die Kinder verbunden sei.

Für Kinder sind beide Elternteile wichtig

Als Ursachen für diese Ergebnisse sehen die Forscher mehrere Faktoren. Zum einen sei ein enger Bezug zu beiden Elternteilen generell wichtig und überwiege offenbar auch die Probleme, die sich aus dem häufigen Wechsel ergeben könnten. Zudem sei ein stark in die Erziehung involvierter Vater förderlich für die geistig-seelische Entwicklung des Kindes. Die Wissenschaftler sehen aber auch eine indirekte Wirkung des Paritätsmodells, denn für die Eltern bedeute es meist weniger Stress, wenn sie sich die Kinderbetreuung teilen – und davon profitieren letztlich auch die Kinder.

Um Verzerrungen der Ergebnisse zu vermeiden, hatten die Forscher andere sozioökonomische Einflussfaktoren wie Alter, Bildungsgrad und Herkunftsland der Eltern in der Berechnung bereits berücksichtigt. Ein gewisses Verzerrungsrisiko sei aber dennoch möglich, so die Studienautoren. Es sei zu vermuten, dass Eltern, die sich auf das Paritätsmodell einigten, geringere Konflikte miteinander hätten als andere – was für die Kinder generell positiv sei.

Foto: © gstockstudio - Fotolia.com

Hauptkategorie: Medizin
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