Sauerstoffmangel unter der Geburt: Forscher suchen nach Alternativen zur Kühlungstherapie

Das Universitätsklinikum Bonn entwickelt neue Therapien für Neugeborene mit Hirnschädigung nach Sauerstoffmangel. Die Bill & Melinda Gates Foundation unterstützt die Forschung mit zwei Millionen US-Dollar – Foto: © Adobe Stock/ Sergey Novikov
In Deutschland erleiden etwa zwei bis vier pro 1.000 Neugeborene eine Hirnschädigung unter der Geburt: Der Grund: Sauerstoffmangel. Etwa jedem zweiten betroffenen Baby kann durch eine Kühlungstherapie geholfen werden. Bei der sogenannten Hypothermie wird die Körpertemperatur der Neugeborenen drei Tage lang auf 33 bis 34 Grad herabgesetzt. Diese milde Kühlung verhindert das Absterben von Zellen und schützt das Gehirn des Babys. Doch bei jedem zweiten Neugeborenen greift die Therapie nicht. Einige sterben, andere überleben zum Teil mit starken körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen.
Uni Bonn hat schon Alternativen in petto
Kinderärzte der Uni Bonn forschen darum an alternativen Therapien. Vor zwei Jahren hat das Team um PD Dr. Hemmen Sabir dafür bereits über eine Million US-Dollar von der Bill & Melinda Gates Foundation erhalten. Insgesamt25 neuroprotektive Therapien – sowohl Medikamente als auch Moleküle – hat Sabir seitdem zusammen mit seiner Forschungsgruppe am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) im Kleintiermodell bei Ratten untersucht und verglichen. Nun hat die Stiftung noch einmal zwei Millionen US-Dollar bewilligt, um das Vorhaben voranzutreiben.
Sechs neuroprotektive Mittel werden weiter erforscht
„Wir haben mittlerweile die sechs besten alternativen Therapiemöglichkeiten herausfiltern können, die alle besser wirken, als die bisher angewandte Hypothermie“, sagt Sabir. „Mit der neuen Förderung hoffen wir nun, ans Ziel zu kommen und die Endauswahl in die Phase der klinischen Studie zu bringen.“
In den kommenden drei Jahren wollen die Forscher die Therapien nun weiter auf ihre Wirksamkeit analysieren, in Großtiermodellen validieren und erste Dosierungen der einzelnen Mittel erproben. Außerdem wollen sie Biomarker, also biologische Merkmale aus dem Blut oder Gewebeproben, etablieren, um die Entzündungsreaktion des Körpers besser zu verstehen und ihr entgegenwirken zu können. „Das langfristige und wichtige Ziel ist es aber, reifen Neugeborenen, die Sauerstoffmangel erlitten haben, überall auf der Welt die Chance auf ein gesundes Leben bieten zu können“, sagt Sabir.
„Dramatisch ist, dass gesunde Neugeborene mit eigentlich normaler Lebenserwartung durch den plötzlichen, unerwarteten Sauerstoffmangel oft irreversible Hirnschäden erleiden. Vor allem in Entwicklungsländern sei das ein großes Problem, so der Kinderintensivmediziner.