Rückschlag bei Therapie des Wiskott-Aldrich-Syndroms

Stammzell-Gentherapie beim Wiskott-Aldrich-Syndrom: Erfolge von Rückschlägen überschattet
Das Wiskott-Aldrich-Syndrom ist eine seltene Erkrankung, die sich durch eine erhöhte Anfälligkeit für Infektionen, Blutungen und Krebserkrankungen auszeichnet. Die einzige Heilungschance besteht bei der tödlich verlaufenden Erkrankung bisher in einer Transplantation von Blutstammzellen von einem Familien- oder Fremdspender. Insbesondere aber wenn kein gut passender Spender zur Verfügung steht, kann eine Stammzelltransplantation riskant sein. Mitunter findet sich überhaupt kein passender Spender.
Bei zehn Kindern hatten Ärzte aus München und Heidelberg deshalb eine Alternative zur herkömmlichen Stammzelltransplantation gewählt: die Stammzell-Gentherapie, ein bislang eher experimentelles Verfahren. Im Rahmen der weltweit ersten klinischen Gentherapiestudie zur Behandlung des Wiskott-Aldrich-Syndroms wurden den Kindern in den Jahren 2006 bis 2009 eigene Blut-Stammzellen entnommen und mit Hilfe von retroviralen Genfähren so verändert, dass der Gendefekt behoben wird. Anschließend wurden diese genetisch korrigierten Stammzellen den kleinen Patienten wieder zurück übertragen.
Das Wiskott-Aldrich-Syndrom konnte erfolgreich behandelt werden
„Die betroffenen Kinder kamen aus der ganzen Welt zu uns, da sie in ihren Heimatländern USA, Australien und diversen europäischen Ländern keine Hilfe fanden”, sagt der Münchner Krebsforscher Dr. Christian Braun. Zunächst sah es gut aus, die Stammzell-Gentherapie zeigte Erfolge. „Die klinischen Erfolge haben Kinder, Eltern und uns Ärzte sehr überrascht – die Krankheitssymptome verschwanden und wir konnten im Labor nachweisen, dass die Blutzellen nun genetisch korrigiert waren und einwandfrei funktionierten”, so Braun. Doch die Kinder zahlten für die Heilung des Wiskott-Aldrich-Syndroms einen hohen Preis. Sieben von zehn Patienten haben den Wissenschaftlern zufolge eine akute lymphatische oder akute myeloische Leukämie entwickelt. Umfassende genetische Untersuchungen hatten daraufhin gezeigt, dass bei der Integration der Genfähren ins Erbgut der Stammzellen Krebsgene (Onkogene) aktiviert wurden.
Forscher halten an der Stammzell-Gentherapie fest
Laut einer Mitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) geht es acht der zehn betroffenen Kinder inzwischen wieder gut. Sie werden von dem Münchner Ärzteteam weiter behandelt. Zwei Kinder seien aufgrund von Komplikationen bei der Fremdspender-Transplantation gestorben.
„Wir gehen davon aus, dass die in dieser Studie verwendeten klassischen retroviralen Genfähren zum Entstehen der Leukämien beigetragen haben“, schreiben die Wissenschaftler um Braun im Fachjournal Science Translational Medicine, wo die Studiendaten nun veröffentlicht wurden. Trotz des Rückschlags wollen die Wissenschaftler die Chancen der Gentherapie nutzen. Dazu Prof. Dr. Christoph Klein, Direktor der Klinik für Kinderheilkunde im Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU München: „Wir müssen nun versuchen, das Verfahren weiter zu entwickeln, um eine gute Wirkung zu erreichen, die mit einem deutlich geringeren Risiko für die Patienten verbunden ist.“ Weiterführende Studien müssten zeigen, welche Rolle die durch den Gentransfer bedingten genetischen Veränderungen und die zugrundeliegende Erbkrankheit bei der Leukämieentstehung spielten.
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