Rückenschmerzen: Patientengespräch oft sinnvoller als Röntgen
Rückenschmerzen sind in Deutschland einer der häufigsten Gründe für Arztbesuche und verantwortlich für jeden fünften Fehltag am Arbeitsplatz. Rund 80 Prozent der Bundesbürger leiden mindestens einmal im Leben an Rückenschmerzen. Häufig kann jedoch keine eindeutige organische Ursache für die Beschwerden gefunden werden – auch nicht durch eine Röntgenuntersuchung oder ein MRT. Daher ist ein ausführliches Gespräch oft sinnvoller als bildgebende Verfahren. Darauf machten Experten der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC) im Vorfeld des diesjährigen Deutschen Kongresses für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU) aufmerksam.
Häufig klingen Rückenschmerzen innerhalb kurzer Zeit wieder ab
„Im Vordergrund einer guten Diagnostik bei Rückenbeschwerden stehen die fachkundige Befragung des Patienten und eine sachgerechte körperliche Untersuchung“, betont Professor Bernd Kladny, Generalsekretär der DGOOC. Bei der Erstuntersuchung gehe es hauptsächlich darum, Warnzeichen zu erkennen, die auf gefährliche Erkrankungen wie zum Beispiel einen Wirbelbruch, einen Bandscheibenvorfall mit Nervenschaden oder eine Entzündung hindeuten. „Lassen sich keine entsprechenden Hinweise feststellen, kann man bei erstmaligen akuten Schmerzen in den ersten vier Wochen zunächst nur das Symptom Schmerz behandeln und den Patienten ausführlich aufklären“, sagt Kladny. In diesen Fällen helfen akut Schmerzmittel sowie Bewegung im Alltag und gezielte Übungen.
Bei 80 Prozent aller Rückenpatienten klingen die Schmerzen innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen wieder ab. „Tritt nach vier bis sechs Wochen bei anhaltenden aktivitätseinschränkenden oder zunehmenden Kreuzschmerzen keine Besserung ein, ist es angeraten, den Einsatz von bildgebenden Verfahren zu überprüfen“, räumt Kladny ein.
Bildgebende Verfahren oft überflüssig
„Bei einem ansonsten gesunden Patienten sind Röntgen oder teure bildgebende Verfahren wie die Kernspintomografie innerhalb der ersten vier Wochen bei fehlenden Warnhinweisen nicht zielführend“, erklärt Professor Heiko Reichel, einer der Kongress-Präsidenten des DKOU und Präsident der DGOOC. „Bilder allein liefern oft auch keinen konkreten Hinweis auf die Ursache der Schmerzen, sondern diese müssen immer in Zusammenhang mit der Patientengeschichte und der Untersuchung beurteilt werden“. Psychosoziale Faktoren wie Stress oder Bewegungsmangel lassen sich nämlich auf keinem Röntgenbild erkennen, wie auch Dr. Manfred Neubert, der als Kongresspräsident den Berufsverband für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU) auf dem DKOU 2016 vertritt, erklärt: „Hier sind wir auf die Selbstauskunft des Patienten angewiesen. Dafür ist das Gespräch mit dem Patienten unverzichtbar.“ Das Arzt-Patientengespräch wird jedoch nach Meinung der Experten nicht ausreichend vergütet – im Gegensatz zu den teuren Bildgebungsverfahren. Das müsse sich daher dringend ändern.
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