Rückenschmerzen meist falsch behandelt
Von Rückenschmerzen sind weltweit 540 Millionen Menschen betroffen. Doch viele Patienten werden falsch behandelt: Überflüssige Diagnose-Verfahren, die Gabe von Opioiden oder Operationen führen nicht zur Heilung, sondern verursachen nur Kosten. Das meint ein internationales Forscherteam, das mehrere Artikel dazu im Fachmagazin Lancet veröffentlicht hat.
Die globale Belastung durch Rückenschmerzen hat seit 1990 um mehr als 50 Prozent zugenommen. Sie wird in den kommenden Jahrzehnten mit dem Altern der Bevölkerung weiter zunehmen. Doch Prof. Martin Underwood von der Warwick University mahnt: "Unsere derzeitigen Behandlungsansätze können die Belastung durch Rückenschmerzen nicht reduzieren."
Rückenschmerzen kehren wieder – Ursache unbekannt
Rückenschmerzen betreffen meist Erwachsene im arbeitsfähigen Alter. In seltenen Fällen kann bei ihnen eine spezifische Ursache für die Rückenschmerzen festgestellt werden, so dass die meisten als unspezifisch (idiopathisch) bezeichnet werden. Es gibt aber Hinweise darauf, dass psychologische und ökonomische Faktoren für das Fortbestehen von Kreuzschmerzen mitverantwortlich sind.
Die meisten Episoden von Schmerzen im unteren Rückenbereich verschwinden wieder von allein. Doch wiederkehrende Episoden sind häufig: Etwa ein Drittel der Patienten hat innerhalb eines Jahres wieder Rückenschmerzen, die diesmal weitaus länger anhalten.
Rückenschmerzen werden oft falsch behandelt
Die Artikel-Serie zeigt, in welchem Ausmaß fehlbehandelt und im Widerspruch zu den gültigen Behandlungsleitlinien therapiert wird. Ein Team um Wissenschaftler des Forschungsinstituts für Primärversorgung und Gesundheitswissenschaften am Keeles National Institut für Gesundheitsforschung arbeitete dafür mit Gesundheitsorganisationen auf der ganzen Welt zusammen.
Die Global Burden of Disease-Studie (2017) fand heraus, dass Rückenschmerzen in fast allen Ländern mit hohem Einkommen sowie in Mitteleuropa, Osteuropa, Nordafrika, dem Nahen Osten und Teilen Lateinamerikas die Hauptursache für Krankschreibungen sind. Dadurch gehen in Großbritannien insgesamt 1 Million Arbeitsjahre verloren, 3 Millionen in den USA und 300.000 in Australien.
In der Primärversorgung sind Aufklärung und Beratung zur mehr Bewegung und körperlichen Aktivitäten indiziert. In der Realität werden Rückenschmerzen oft falsch behandelt. Ein großer Teil der Patienten kommt wegen Kreuzschmerzen in die Notaufnahmen. Sie werden zur Ruhe angehalten und krankgeschrieben.
Länder mit hohem und niedrigen Einkommen betroffen
Rückenschmerzen führen in den USA jedes Jahr zu 2,6 Millionen Notfallbesuchen mit hohen Opioidrezepturen. Eine Studie aus dem Jahr 2009 ergab, dass Opioide in den USA bei etwa 60 Prozent der Notarztbesuche für Rückenschmerzen verschrieben wurden. Zusätzlich wurde nur etwa die Hälfte der Menschen mit chronischen Rückenschmerzen in den USA zu Sport und mehr Bewegung angehalten.
Die Artikel-Serie überprüfte Belege aus Ländern mit hohem und niedrigem Einkommen, die darauf hindeuten, dass viele der Fehler in Ländern mit hohem Einkommen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen bereits gut etabliert sind.
Falsch: Oft Bettruhe und Schmerzmittel verordnet
In Indien deuten Studien darauf hin, dass bei Rückenschmerzen häufig Bettruhe empfohlen wird. Eine Studie in Südafrika ergab, dass 90 Prozent der Patienten Schmerzmittel als einzige Behandlungsform erhielten.
"Im Vereinigten Königreich wissen wir, dass Schmerzen im unteren Rücken sehr häufig sind und 11 Prozent der gesamten Invaliditätsbelastung durch alle Krankheiten im Vereinigten Königreich ausmachen. In den letzten zwei Jahrzehnten haben wir eine 12-prozentige Zunahme der Behinderung im Zusammenhang mit Rückenschmerzen gesehen - also wird das Problem schlimmer", so die britische Forscherin Prof. Nadine Foster.
Nur noch sicher, wirksam und kosteneffektiv behandeln
"Die meisten Fälle von Rückenschmerzen reagieren auf einfache physische und psychologische Therapien, die die Menschen aktiv machen, und es ihnen ermöglichen, weiter zu arbeiten", erklärt Autorin Prof. Rachelle Buchbinder von der Monash University in Australien.
Die Autoren meinen, dass Gesundheitssysteme teure und nutzlose Behandlungen vermeiden sollten, indem sie nur Behandlungen erstatten, die sicher, wirksam und kosteneffektiv sind. Sie unterstreichen auch die Notwendigkeit, weit verbreitete Missverständnisse in der Bevölkerung und bei Angehörigen der Gesundheitsberufe über die Ursachen, die Prognose und die Wirksamkeit verschiedener Behandlungen für Rückenschmerzen aufzuklären.
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