Risiko schwere Krankheitsverläufe: Für wen das Coronavirus gefährlich werden kann

Das neuartige Coronvirus COVID-19 kann auch bei jungen und ansonsten kerngesunden Menschen zu schweren Infektionen der Lunge führen – Foto: ©littlestocker - stock.adobe.com
Deutschland steht am Beginn einer Coronavirus-Epidemie. Der Charité-Virologe Prof. Christian Drosten rechnet damit, dass sich im Laufe der nächsten ein bis zwei Jahre etwa 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung mit COVID-19 infizieren werden. Das käme den letzten großen Grippe-Pandemien von 1957 und 1968 gleich.
Geschehe dies schon innerhalb weniger Monate, könne das unter Umständen das Gesundheitssystem in die Knie zwingen, erklärte der Experte am Donnerstag beim Politiktalk von Maybrit Illner im ZDF. Strecke sich die Infektionsgeschehen jedoch auf zwei Jahre oder länger, sei die Epidemie gut zu managen.
Verlauf der Epidemie nicht vorhersagbar
Wie heftig die Coronavirus-Epidemie verlaufen wird, ist also einerseits eine Frage der Zeit. Andererseits wird es auch auf die Zahl der (gleichzeitig) schwer Erkrankten ankommen. Einige Menschen haben keine oder nur kaum Symptome, sie werden also das Gesundheitssystem nicht über Gebühr belasten. Riskant an dieser Personengruppe ist allerdings, dass sie das Virus unbemerkt weiter geben können. Eben auch an jene, die daran dann schwer erkranken und lebensbedrohliche Lungenentzündungen entwickeln. Patienten mit so schweren Krankheitsverläufen müssen zum Teil auf der Intensivstation behandelt werden, etwa 0,5 Prozent sterben daran.
Schwere Verläufe auch bei jungen Menschen erwartet
Prinzipiell ist es so, dass Ältere und Menschen mit Vorerkrankungen gefährdeter für schwere Krankheitsverläufe sind. Nach allem, was man bisher weiß, gehören die am Coronavirus Verstorbenen in diese Kategorie. Die Mehrzahl hatte Vorerkrankungen wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes, also in der Regel keinen schweren Immundefekte, sondern weit verbreitete Volkskrankheiten.
Doch Experte Drosten will nicht ausschließen, dass die Infektion mit COVID-19 auch bei jungen und ansonsten gesunden Menschen schwer verlaufen kann. Der Grund: Das Virus ist neu und daher für unser Immunsystem völlig unbekannt. Wir haben also alle keine Antikörper dagegen.
Hohe Virusmengen bei Erwachsenen
Darum sind auch bei Erwachsenen in den Abstrichen hohe Mengen des Coronavirus zu finden. Bei herkömmlichen Erkältungsviren ist das nicht so. Da ist die Viruslast normalerweise nur bei Kindern sehr hoch, deren Immunsystem noch keine Erfahrung mit den Erregern machen konnte.
Warum nun die Virusinfektion auch bei jungen Menschen in gutem Allgemeinzustand unterschiedlich schwer verlaufen kann, ist nicht klar. Genetische Faktoren oder der Immunstatus könnten eine Rolle spielen, meint Drosten. „Aber letztlich wissen wir es noch nicht.“
Ansteckung über Tröpfcheninfektion
Die Ansteckung mit dem Coronavirus erfolgt hauptsächlich über Tröpfcheninfektionen, das heißt die Viren werden beim Husten oder Niesen übertragen. Inwieweit und wie lange die Viren auch auf Gegenständen überleben und dann zu sogenannten Schmierinfektionen führen, ist derzeit nicht ganz geklärt. Eine gute Händehygiene ist aber in jedem Fall ratsam.
Das Coronavirus ist zwar sehr ansteckend, aber nicht so hoch ansteckend wie zum Beispiel Ebola. Deshalb müssen die Patienten auch nicht auf Sonderisolierstationen behandelt werden. Eine Isolierung in einem normalen Krankenzimmer reicht aus.
Laut Drosten vermehrt sich das Virus im Rachen, gelangt aber nicht ins Blut. Daher seien Schwangere und deren ungeborene Kinder nicht in besonderer Weise gefährdet. Raucher sind dagegen nach Drostens Einschätzung eine Hochrisikogruppe. Durch das Rauchen werden nämlich die Zellen in Rachen und Lunge geschwächt, so dass das Virus hier einen deutlich größeren Schaden anrichten kann.
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