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RHEUMA - Erfolge im Kampf gegen die Schmerzen

Samstag, 6. April 2013 – Autor: Anne Volkmann
Bei der Behandlung von Rheuma wurde einiges erreicht. Trotzdem gelangen viele Patienten immer noch zu spät zum Facharzt.

Vieles hat sich in den letzten Jahren in der Behandlung von Rheuma getan. Zwar gibt es bei einigen rheumatischen Erkrankungen wie dem Fibromyalgie-Syndrom oder der Arthrose nach wie vor keine oder kaum wirksame Medikamente, doch bei anderen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis hat die Therapie geradezu revolutionäre Fortschritte gemacht. Durch ein besseres Verständnis der immunologischen Vorgänge wurden neue Therapieansätze entwickelt, die es zulassen, die entzündlichen Erkrankungen wirksamer zu behandeln.

Doch was ist Rheuma überhaupt? Für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist es der Überbegriff für alle Erkrankungen, die an den Bewegungsorganen (Gelenken, Wirbelsäule, Knochen, Muskeln und Sehnen) auftreten und fast immer mit Schmerzen und häufig mit Bewegungseinschränkungen verbunden sind.

Viele rheumatische Krankheiten betreffen aber nicht nur das Bewegungssystem; je nach Krankheitsbild können auch die Haut, die inneren Organe oder das Nervensystem beteiligt sein. Je nachdem, welche Erkrankungen man dazurechnet, sind in Deutschland zwischen neun und 20 Millionen Menschen betroffen.

Es gibt mehrere hundert verschiedene Formen von Rheuma – dazu gehören auch Erkrankungen, die äußerst selten sind. Das Spektrum reicht von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis über degenerative Gelenkerkrankungen wie der Arthrose bis hin zu Stoffwechselerkrankungen wie der Gicht und rheumatischen Schmerzkrankheiten („Weichteilrheumatismus“) wie der Fibromyalgie. Am häufigsten vertreten ist die rheumatoide Arthritis, eine chronisch verlaufende Autoimmunerkrankung, die Gelenke, Sehnen, Muskeln und innere Organe angreifen kann. Auch junge Erwachsene und sogar Kinder sind von rheumatischen Erkrankungen betroffen. Insbesondere entzündlich-rheumatische Erkrankungen wie die juvenile idiopathische Arthritis können schon im Kleinkind- sowie auch im Kindes- und Jugendalter auftreten. In Deutschland sind etwa 15 000 Kinder an Rheuma erkrankt.

Die Folgen von Rheuma sind vielfältig und werden zudem von vielen Menschen unterschätzt. Neben Schmerzen und Bewegungseinschränkungen sind Müdigkeit und Erschöpfung häufige Begleiterscheinungen. Da sie von der Umwelt aber nicht immer wahrgenommen werden, fehlt manchmal das Verständnis der Mitmenschen dafür, dass ein Betroffener beispielsweise mehr Pausen benötigt als andere Menschen oder generell weniger belastbar ist. Auch der ganze Körper kann von der Krankheit in Mitleidenschaft gezogen werden. So ist die chronische Entzündung bei der rheumatoiden Arthritis beispielsweise ein ernst zu nehmender Risikofaktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Auch auf die Arbeitssituation kann Rheuma Auswirkungen haben. Es steht nach Angaben des statistischen Bundesamtes nicht nur mit über 25 Milliarden Euro jährlich auf Platz drei der Liste der teuersten Krankheiten, sondern führt auch die Statistik der Arbeitsunfähigkeitstage in Deutschland an. Wie die Kerndokumentation der Regionalen Kooperativen Rheumazentren aus dem Jahr 2011 ergab, sind rund die Hälfte der von Rheuma betroffenen Patienten im erwerbsfähigen Alter berentet – und das, obwohl viele arbeiten wollen, wie Erika Gromnica-Ihle, Rheumatologin und Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Rheuma- Liga e. V., betont.

Doch viele Patienten und auch die Arbeitgeber sind nicht ausreichend über ihre Möglichkeiten informiert. Häufig fehlen Kenntnisse, welche finanziellen Unterstützungen ein Arbeitgeber beispielsweise für den Umbau des Arbeitsplatzes erhalten könnte. Fragen, wie sich Arbeitsplatz oder -situation verändern lassen, sollten im Idealfall auch in den Arztpraxen angesprochen werden. Doch dafür wäre mehr Zeit nötig, als die meisten Ärzte haben. Trotz Verbesserung der Situation sind immer noch zu wenige Rheumatologen für zu viele Patienten zuständig. Auch Gromnica-Ihle erklärt: „Wir haben deutschlandweit einen Mangel an Rheumatologen.“

Und doch können viele Rheumapatienten heute Hoffnung haben. Zwar ist eine Heilung noch immer nicht möglich, aber das Behandlungsziel der kompletten Beschwerdefreiheit ist insbesondere bei der rheumatoiden Arthritis für viele Patienten erreichbar geworden. Neben der Behandlung durch nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), Kortisonpräparate und den sogenannten Basistherapeutika stehen hier seit einigen Jahren auch Medikamente aus der Gruppe der Biologika (TNF-alpha-Hemmstoffe wie Abatacept, Adalimumab, Etanercept, Infliximab oder Rituximab) zur Verfügung. Experten erklären, dass mittlerweile in vielen Fällen ein „heilungsähnlicher Zustand“ erreicht werden kann.

Andere Medikamente wie die sogenannten Kinasehemmer stehen für die Behandlung der rheumatoiden Arthritis kurz vor der Zulassung. Weitere innovative Behandlungsansätze werden derzeit erforscht. Auch die Grundlagenforschung macht Fortschritte und arbeitet etwa daran, das „pathologische Gedächtnis“ der Immunzellen auszulöschen, um die Angriffe des Immunsystems auf den eigenen Körper zu stoppen.

Damit die bisher erreichten Erfolge aber auch optimal von den Patienten genutzt werden können, ist eine frühzeitige Behandlung notwendig. „Wenn Patienten sehr früh, das heißt innerhalb des ersten Jahres, diagnostiziert werden, ist bei etwa der Hälfte der Betroffenen eine vollständige Remission möglich, das heißt, wir finden dann keine oder kaum Krankheitsaktivität mehr“, erklärt Andreas Krause, Chefarzt der Abteilung Rheumatologie und Klinische Immunologie der Klinik für Innere Medizin am Immanuel-Krankenhaus in Berlin. Bei den anderen Patienten sei durch eine adäquate Therapie zumindest eine niedrige Krankheitsaktivität möglich. Doch eine frühzeitige Behandlung – und damit ist gemeint, möglichst innerhalb von drei Monaten nach Auftreten der ersten Symptome einen Rheumatologen aufzusuchen – ist oft nicht gegeben. Da es zu wenig internistische Rheumatologen gibt, gelangen nach wie vor viele Betroffene zu spät zu einem Facharzt.

Verbessert hat sich die Lage in den vergangenen Jahren unter anderem durch die speziellen Frühsprechstunden, die es an mehreren Kliniken gibt, sowie durch gesonderte Vereinbarungen, wie sie von der AOK gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Berlin getroffen wurden. Ziel dieser Verträge ist die geregelte schnelle Zuweisung von einem rheumatologisch verantwortlichen Arzt zu einem Schwerpunktrheumatologen, sobald eine akute Gelenkschwellung auftritt. Innerhalb von 14 Tagen sollten Patienten dann einen Termin beim Rheumatologen erhalten. Wird tatsächlich eine entzündlich-rheumatische Erkrankung diagnostiziert, wird der Patient durch den Rheumatologen in Zusammenarbeit mit dem Hausarzt weiterbehandelt. Dieser Zugang und die Aufgabenverteilung sind vertraglich geregelt.

Der Patient sollte sich jedoch nicht nur auf die Medizin verlassen – auch er selbst kann viel zu seiner Gesunderhaltung beitragen. Studien zeigen immer wieder, dass die Kompetenz des Patienten im Umgang mit seiner Erkrankung einen wichtigen Faktor für seinen Gesundungsprozess darstellt. So ist beispielsweise Bewegung äußerst wichtig, wird aber bisher von vielen vernachlässigt. Auch eine gesunde Ernährung kann helfen, den allgemeinen Gesundheitszustand zu befördern. In Berlin gibt es auch außerhalb der ärztlichen Praxen eine Reihe von Möglichkeiten, sich über den Umgang mit der Erkrankung zu informieren. Neben Selbsthilfegruppen bietet etwa die Deutsche Rheuma-Liga Kurse zur Schmerzbewältigung, Bewegungstherapie oder Möglichkeiten zur aktiven Freizeitgestaltung an.

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Screening- oder Frühsprechstunden beim Rheumatologen können dazu beitragen, den Krankheitsverlauf bei Rheuma positiv zu beeinflussen. Durch ein frühes Eingreifen ist sogar eine Remission der Erkrankung möglich, wie eine aktuelle Studie zeigen konnte.

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