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„Reserveantibiotika“ dürfen in der EU weiterhin Tieren verabreicht werden

Freitag, 24. Juni 2022 – Autor:
Im EU-Parlament gibt es keine Mehrheit dafür, bestimmte Antibiotika-Gruppen als Reserveantibiotika einzustufen und ausschließlich in der Humanmedizin einzusetzen. Ein Einwand des EU Umwelt- und Gesundheitsausschusses war am Donnerstag gescheitert.
Im EU-Parlament ist ein Einspruch gegen den Einsatz von Reserveantibiotika in der Tierhaltung gescheitert

Im EU-Parlament ist ein Einspruch gegen den Einsatz von Reserveantibiotika in der Tierhaltung gescheitert – Foto: © Adobe Stock/jarun011

Wichtige Antibiotika können in der Europäischen Union weiterhin auch Tieren verabreicht werden. Ein Einspruch des Umwelt- und Gesundheitsausschusses gegen den sogenannten Durchführungsrechtsakt über gelistete antimikrobielle Mittel war am Donnerstag gescheitert. Parlamentarier um den SPD-Europaabgeordneten Tiemo Wölken hatten gefordert, bestimmte Antibiotika-Gruppen als Reserveantibiotika einzustufen und ausschließlich in der Humanmedizin einzusetzen. Eine Mehrheit im EU-Parlament lehnte dies ab.

Keine Antibiotika für den Menschen reserviert

„Ziel des Appells war es, den massiven Einsatz von Antibiotika, einschließlich Reserveantibiotika, in der kommerziellen Tierhaltung einzudämmen, um das Risiko von Antibiotikaresistenz zu minimieren“, erläutert Wölken. Die Zurückweisung dieses Einspruchs gegen die EU-Kommission sei  ein „Lobby-Sieg und eine Niederlage für den Schutz menschlicher Gesundheit.“

Bestimmte Antibiotika-Gruppen sind gemäß der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von „kritischer Bedeutung“. Diese Reserveantibiotika sollten deshalb für die Behandlung des Menschen vorbehalten sein – und nicht bei Tieren eingesetzt werden, meint Wölken. „Ich bin entsetzt, dass eine größtenteils konservative Mehrheit im Parlament nun den Weg für die unambitionierte Liste der Kommission mit antimikrobiellen Mitteln geebnet hat, die nur für die Behandlung bestimmter Infektionen beim Menschen reserviert sind."

Tierärzte begrüßen Votum des EU-Parlaments

Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte begrüßte dagegen das Votum aus Brüssel. Das Europäische Parlament habe den „Antibiotika-Ideologen“ erneut eine Absage erteilt, freute sich dessen Präsident Dr. Siegfried Moder. Dies sei ein „Guter Tag für die Tiergesundheit und die Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen“. „Der Durchführungsrechtsakt macht die Europäische Union zum weltweiten Vorreiter in Sachen Antibiotikaresistenzbekämpfung und sichert gleichzeitig die notwendigen Behandlungsmöglichkeiten für kranke Tiere", so Moder. Da auch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten bereits Zustimmung signalisiert habe, dürfte nun einer baldigen Veröffentlichung des Durchführungsrechtsakts nicht mehr im Wege stehen.

Antibiotikaresistente Keime sind eine ständig wachsende Bedrohung. Schon heute sterben jedes Jahr mehr als 1,3 Millionen Menschen an Infektionen, die aufgrund von Antibiotikaresistenzen nicht mehr erfolgreich behandelt werden können. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation gehören sie zu den zehn größten Bedrohungen für die globale Gesundheit und haben das Potenzial, bis 2050 jährlich 10 Millionen Menschen zu töten.

Hauptkategorie: Gesundheitspolitik
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