Reizdarm: Warum langsames Backen Brot bekömmlicher macht

Traditionelle Backtechniken machen Brot besser verträglich – Foto: ©Robert Emprechtinger - stock.adobe.com
Immer mehr Menschen klagen über einen sogenannten Reizdarm. Zu den Symptomen gehören Blähungen, Verdauungsstörungen wie Durchfall oder Verstopfung sowie Bauchschmerzen. Häufig wird für diese Probleme der Verzehr von Brot verantwortlich gemacht. So glauben viele von Reizdarm betroffene Menschen, dass sie alte Getreidesorten wie Dinkel, Emmer oder Einkorn besser vertragen als beispielsweise Weizen. Doch Forscher konnten schon vor einiger Zeit zeigen, dass weniger die Getreidesorte als vielmehr die Art der Zubereitung für die Verträglichkeit des Brotes wichtig ist. Demnach werden durch lange Gehzeiten bestimmte Zucker abgebaut, die zu Blähungen und Co. führen können.
FODMAPs verursachen Blähungen
Das Reizdarmsyndrom kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken. Die Symptome sind vielfältig, was die Diagnose erschwert. Die genauen Ursachen des Syndroms sind noch nicht geklärt. Seit einigen Jahren stehen jedoch die sogenannten FODMAPs, vergärbare Kohlenhydrate, im Verdacht, Durchfall und Blähungen zu begünstigen.
Zu den FODMAPS gehören fermentierbares Oligosaccharid, Disaccharid, Monosaccharid und Polyol. Dabei handelt es sich um Zuckerverbindungen, welche aus bis zu vierzehn verschiedenen Zuckermolekülen bestehen. Diese Verbindungen können im Dünndarm nicht ausreichend abgebaut werden. So gelangen die FODMAPs weitgehend unverdaut in den Dickdarm der Betroffenen, wo sie dann große Mengen an Wasserstoff, Kohlendioxid und Methan bilden. Und das kann zu schmerzhaften Blähungen führen.
Entscheidend ist die Gehzeit des Teiges
Auf Weizenbrot scheinen Betroffene besonders stark zu reagieren. Gleichzeitig häufen sich die Berichte, dass Patienten Brot aus sogenannten Urgetreiden wie Einkorn, Durum, Dinkel und Emmer vertragen. Um die Zusammenhänge genauer zu erforschen, untersuchten Wissenschaftler um Dr. Jochen Ziegler und Professor Dr. Reinhold Carle von der Universität Hohenheim den FODMAP-Gehalt von verschiedenen Getreidesorten. Dabei kamen sie zu einem überraschenden Ergebnis.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass die „alten“ Getreidesorten tatsächlich geringere Mengen an FODMAPs enthalten. Doch der Unterschied war nicht groß genug, um zu erklären, warum Reizdarm-Patienten Brot aus diesen Getreidesorten besser vertragen. Die Forscher betrachteten daher die Art der Brotherstellung genauer und stellten fest: Je länger ein Teig Zeit zum Gehen erhält, desto weniger FODMAPs bleiben nachher enthalten.
Traditionelle Backtechniken machen Brot bekömmlicher
Durch eine lange Teigführung (Gehzeit) quellen die enthaltenen Ballaststoffe im Teig sowie die darin enthaltende Stärek auf und können vom Körper besser verarbeitet werden. Doch was hat das mit den Urgetreiden zu tun? Hier kamen die Forscher zu einem interessanten Ergebnis: In Bäckereien, in denen häufig Urgetreide zu Brot verbacken werden, werden meist auch traditionelle Backtechniken eingesetzt werden, und dazu gehört die lange Teigführung. Die höchsten Gehalte an FODMAPs wiesen in der Studie Teige nach einer Stunde auf – und das bei allen Getreideesorten. Das entspricht etwa der Zeit, die Teiglingen in den meisten Großbäckereien zum Gehen gelassen wird.
Nach rund vier Stunden sind die meisten blähenden Zucker abgebaut
Nach viereinhalb Stunden waren hingegen selbst im Weizenteig nur noch zehn Prozent der blähenden Zucker enthalten. Die Studie konnte somit zeigen, dass die verwendeten Getreidesorten nicht entscheidend für die Bekömmlichkeit sind. Wichtiger scheint die Art der Teigzubereitung zu sein. Die traditionelle Zubereitung des Bäckerhandwerks bewirkt, dass die Beschwerden verursachenden Bestandteile im Brot bis zum Backen bereits abgebaut sind. Somit vertragen Reizdarm-Patienten traditionell gebackene Brote in der Regel besser.
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