Rätsel um HIV infizierte „Boston Patienten“ gelöst
Vor gut einem Jahr sorgte die Krankengeschichte von zwei HIV-Patienten für Aufsehen. Bei den beiden als Boston Patienten bekannt gewordenen US-Amerikanern war rund ein halbes Jahr nach Absetzen der antiretroviralen Therapie kein HI-Virus mehr nachweisbar, weder im Blut noch im Darmgewebe. Zuvor wurden die beiden Boston Patienten mit einer Kombination aus hämatopoetischen Stammzellentransplantation und antiretroviralen Kombinationstherapie behandelt. Doch die Hoffnung auf Heilung zerschlug sich, nachdem bei beiden Patienten das HI-Virus im Blut wieder nachgewiesen wurde. Ein internationales Forscherteam mit deutscher Beteiligung konnte nun aufklären, warum sich die HI-Viren über einen Zeitraum von drei bis acht Monaten verstecken konnten.
HI-Viruslast der Boston Patienten war extrem heruntergefahren
Die Kombination einer allogenen hämatopoetischen Stammzellentransplantation mit einer antiretroviralen Kombinationstherapie habe zu einer massiven Reduktion des Virus-Reservoirs geführt, weswegen das HI-Virus weder im Blut noch im Darmgewebe nachgewiesen werden konnte, erklärt Prof. Dr. Marcus Altfeld, vom Heinrich-Pette-Institut (HPI) in Hamburg. Dennoch habe dies nicht ausgereicht, das Virus vollständig aus dem Körper zu entfernen. Das Virus habe sich nur versteckt und durch die Therapie nicht vollständig aus dem Körper eliminiert werden können. „Interessanterweise war die wiederauftretende Viruspopulation sehr homogen“, sagt HIV-Forscher Altfeld. „Daraus lässt sich schließen, dass ein einziges intaktes Virus, das irgendwo im lymphatischen Gewebe der Patienten persistieren konnte, ausreicht, um zu einer erneuten Ausbreitung des Virus im Körper zu führen.“
Einziges Virus reicht aus, um zu einem erneuten Ausbruch zu führen
Die Hamburger HIV-Forscher sehen in den aktuellen Ergebnissen ein Lehrstück, dass zeigt, wie schwer es ist, einmal infizierte Patienten von einer HIV-Infektion zu heilen. Man brauche neue Therapiestrategien einschließlich gentherapeutischer und immuntherapeutischer Ansätze, um eine langfristige funktionelle Heilung von HIV-infizierten Menschen zu erreichen. „Diese Ergebnisse zeigen nachdrücklich, dass neuartige Therapiestrategien benötigt werden, die einerseits die Immunabwehr des Organismus stärken, andererseits aber auch das HI-Virus in seinen zellulären Verstecken direkt attackieren und entfernen können“, meint Prof. Dr. Joachim Hauber, ebenfalls auf HI-Viren spezialisiert und Abteilungsleiter am HPI.
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