Psychiatriekongress in Berlin: Neuer Teilhabekompass vorgestellt
Zum Psychiatriekongress 2016 werden in den nächsten vier Tagen rund 9.000Teilnehmer im Berliner City Cube erwartet. Neben der Versorgung geht es auch um die Teilhabe psychisch Kranker am gesellschaftlichen Leben. Insbesondere Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen wie Psychosen haben überdurchschnittlich oft keinen Zugang zur Arbeitswelt. Bisherige Angebote zur beruflichen Rehabilitation können daran offenbar wenig ändern. Nach Angaben von Dr. Iris Hauth ist das System wenig praxistauglich, weil ausgesprochen kompliziert und unübersichtlich. „Vor allem an der Schnittstelle zwischen Akutbehandlung und Rehabilitation fehlen einfach umsetzbare Möglichkeiten zur Steuerung. Die Folgen: zu wenig Effektivität bei der Wiedereingliederung in die soziale Gemeinschaft“, erklärte die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) auf dem Jahreskongress in Berlin.
Teilhabekompass führt durch den Reha-Dschungel
Aus diesem Grund hat die Fachgesellschaft einen Teilhabekompass für Ärzte und Therapeuten entwickelt, die Erwachsene mit schweren psychischen Erkrankungen behandeln. Der neue Kompass verschafft einen Überblick über regelfinanzierte Leistungsanbieter und Maßnahmen nach dem neunten Sozialgesetzbuch. Praktische Fallbeispiele sollen die Orientierung erleichtern.
„Mit dem Teilhabekompass haben wir als wissenschaftliche Fachgesellschaft einen wichtigen Schritt gemacht. Doch damit Versorgung und Rehabilitation noch besser ineinander greifen, benötigen wir Strukturen, in denen die verschiedenen Berufsgruppen und Sektoren Hand in Hand arbeiten können“, erklärte Hauth. Hier sei die Politik gefordert, psychische Gesundheit zu einem übergreifenden Schwerpunktthema zu machen.
Rascher Zugang zur Versorgung gefordert
Laut der DGPPN-Präsidentin kann ein niederschwelliger Zugang zur Versorgung dazu beitragen, dass Beschwerden nicht chronisch werden. Jedoch sei das deutsche Gesundheitssystem nicht so aufgestellt, wie es für die Betroffenen notwendig wäre. Vielerorts seien die Wartezeiten auf einen Therapieplatz viel zu lange, kritisierte sie. In der ambulanten Versorgung entspreche die Bedarfsplanung nicht dem tatsächlichen Hilfebedarf. Außerdem sprach sie die ihrer Ansicht nach zu geringe Vergütung von Fachärzten für Psychiatrie und Psychotherapie an.
Bei schweren Verläufen müsse alles getan werden, dass Betroffene an allen Bereichen des Lebens teilhaben könnten, so die Psychiaterin weiter. „Das wirkt sich nicht nur positiv auf ihre Lebenssituation aus, sondern entlastet auch die Sozialversicherungen."
Der Teilhabekompass kann auf www.teilhabekompass.de heruntergeladen werden. Sämtliche Informationen sind außerdem auf dem neuen Portal online zu finden.
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