Praxisgebühr gekippt
Die Patienten haben sich längst dran gewöhnt und in den Praxen gehört es zur täglichen Routine: Seit 2004 müssen Kassenpatienten einmal pro Quartal zehn Euro beim Haus- oder Zahnarzt auf die Theke legen. Zwei Milliarden Euro werden so jedes Jahr ins Gesundheitssystem gespült.
Praxisgebühr abgeschafft
Nun hat die Praxisgebühr, die einst als "Finanzierungsinstrument" für das Gesundheitssystem eingeführt wurde, ausgedient. Zum 1. Januar 2013 wird die Praxisgebühr abgeschafft, das hat die Koalition in einer Nachtsitzung am frühen Morgen des 5. November beschlossen. Durch die Abschaffung der Praxisgebühr sollen die Versicherten von den Milliardenüberschüssen der gesetzlichen Krankenkassen profitieren. Zudem soll Bürokratie in den Arztpraxen abgebaut werden.
In Anbetracht der Überschüsse im Gesundheitsfonds beschloss die Koalition außerdem, dass der Bundeszuschuss im Jahr 2013 zusätzlich um 500 Millionen Euro und im Jahr 2014 um zwei Milliarden Euro gekürzt werden soll. Eine Kürzung der Beitragssätze zur Krankenversicherung, wie es die CSU gefordert hatte, wird aber nicht kommen.
Ärzte- und Patientenvertreter sprechen von einem „längst überfälligen Schritt“
Der Vorsitzende des Hartmannbundes, Dr. Klaus Reinhardt, begrüßte die Entscheidung, die Praxisgebühr abschaffen zu wollen, und sprach von einem „längst überfälligen Schritt“. Die Praxisgebühr habe lediglich der Generierung zusätzlicher Einnahmen für die gesetzlichen Krankenkassen gedient und in den Praxen für unnötige Bürokratie zulasten der Patientenversorgung gesorgt. „Als Paradebeispiel für die irrwitzigen Stilblüten deutscher Gesundheitsbürokratie ist die Praxisgebühr ein voller Erfolg – als Instrument zur Steuerung der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen hat sie jedoch kläglich versagt“, kommentierte Reinhardt in Berlin die Entscheidung des Koalitionsausschusses.
Auch die Deutsche Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) begrüßte die Abschaffung der Praxisgebühr. DGVP-Präsident Candidus sagte, als Steuerungsinstrument sei die Praxisgebühr nie geeignet gewesen, die Zahl der Arztbesuche in Deutschland habe sich dadurch nicht verringert. Als nächster Schritt stehe eine grundsätzliche Überarbeitung des Vergütungssystems für Ärzte an. „Jede medizinisch notwendig erbrachte Leistung muss angemessen honoriert werden", forderte Candidus. Außerdem bräuchten Patienten mehr Transparenz über die Kosten für die ärztlichen Leistungen.
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