Präventionsprogramm rüstet Schüler gegen Cybermobbing

Cybermobbing kann bis zu Suizidgedanken führen. Das Präventionsprogramm "Medienhelden" will Schüler besser vor Attacken aus dem Netz schützen – Foto: © Adobe Stock/ New Africa
Mobbing unter Kindern Jugendlichen ist kein neues Phänomen. Beleidigt, verspottet, gehänselt und ausgeschlossen wurden Schüler schon immer. Soziale Medien haben dem Mobbing jedoch eine neue Dimension verliehen. Vor allem deshalb, weil jeder mitlesen und mitmachen kann und die Hasskommentare praktisch nie mehr aus dem Netz verschwinden. „Cybermobbing kann zu massiven Problemen führen - von Kopf- oder Bauchschmerzen, Angststörungen, Depressionen bis hin zu Suizidgedanken", erläutert Prof. Herbert Scheithauer von der Freien Universität (FU) Berlin. Fast jeder fünfte Schüler in Deutschland wurde schon im Internet oder in Chats über einen längeren Zeitraum hinweg beleidigt, bedroht, belästigt oder bloßgestellt.
"Medienhelden" wurde an der FU Berlin entwickelt
Der Entwicklungspsychologe hat darum mit seinem Team vor einigen Jahren das Präventionsprogramm "Medienhelden" entwickelt. Das Programm gibt Schülern Hilfestellungen, wie sie aktiv gegen Hass und Ausgrenzung im Netz vorgehen und sich sicher im Netz bewegen können. Es richtet sich an Schüler der siebten bis zehnten Klassen. Lehrer, Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter absolvieren eine die meist dreitägige Fortbildung und können das Programm dann im Unterricht umsetzen.
Aktiv gegen digitale Hetze
Ein Schwerpunkt des Programms ist es, die Schüler für Cybermobbing zu sensibilisieren und Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Die Jugendlichen analysieren Ursachen von Cybermobbing, beurteilen Situationen im Hinblick auf ihre möglichen Konsequenzen und besprechen, wie sie sich vor Cybermobbing schützen und anderen helfen können. Sie bearbeiten Aufgaben gemeinsam, diskutieren, wie sich die virtuellen Beleidigungen anfühlen und verständigen sich auf Verhaltensregeln gegen digitale Hetze.
Darüber hinaus lernen die Schüler, sich in andere hineinzuversetzen. In Rollenspielen nehmen sie mal die Rolle des Täters, mal des Opfers und mal des Mitläufers ein. „Die Schüler erleben Reaktionen auf ihr Verhalten und lernen, zu erkennen, wann jemand zum Opfer wird und wie sie eingreifen können“, sagt Scheithauer. Auf dem Lehrplan von Medienhelden steht außerdem, wie man sichere Social-Media-Profile erstellen kann, welche Daten preisgegeben werden können und welche besser nicht.
„Wahnsinnig runde Sache“, sagt ein Vater
„Das ist eine wahnsinnig runde Sache“, sagt Stephan Lehmann, Stadionsprecher des FC Bayern München und zweifacher Vater. „Ich freue mich -, nicht nur, wenn meine Kinder, sondern alle Jugendlichen, die dieses Programm in ihren Schulen durchlaufen -, da sie einfach fitter werden, also mehr Kompetenz im Umgang mit Medien entwickeln und damit weniger anfällig für Cybermobbing sind."
Seit Ende 2018 haben rund 450 Lehrer, Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter in Bayern an den "Medienhelden"-Fortbildungen teilgenommen. Die Mobil Krankenkasse unterstützt das Programm an Gymnasien, Real- und Mittelschulen in Bayern, indem sie Fortbildungskosten übernimmt.
„Wir erleben regelmäßig, wieviel Unwissenheit bei vielen Schülerinnen und Schülern vor allem hinsichtlich Social Media herrscht“, sagt Ariane Lieckfeldt von der Mobil Krankenkasse. Viele Kinder und Jugendliche seien sich gar nicht bewusst, welche Auswirkungen es habe, wenn sie Fotos, Videos oder Texte bei TikTok, Snapchat oder in WhatsApp-Gruppen posten. „Unser Ziel ist es, dass das Programm "Medienhelden" fester Bestandteil in möglichst vielen weiterführenden Schulen wird."
Die FU Berlin begleitet „Medienhelden“ wissenschaftlich. Laut Scheithauer zeigt die Evaluierung eine hohe Akzeptanz unter den Jugendlichen und „gute, anhaltende Erfolge.“ In einer Längsschnittstudie konnten wir unter anderem weniger Cybermobbing, mehr Empathie, ein besseres Selbstwertgefühl und ein besseres Wohlbefinden feststellen.“
Am 22. Februar ist übrigens Internationaler "Behaupte-dich-gegen-Mobbing"-Tag.