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PPIs nicht ohne ärztlichen Rat einnehmen

Dienstag, 11. Juni 2019 – Autor:
Gegen Sodbrennen eingesetzte Protonenpumpenhemmer (PPI) sind mittlerweile auch ohne Rezept erhältlich. Dennoch sollte man sie nur auf ärztlichen Rat einnehmen, denn bei langfristigem Gebrauch bergen sie tödliche Risiken.
Sodbrennen, saures Aufstoßen, Reflux, Refluxkrankheit

PPI helfen gegen Sodbrennen, können jedoch langfristig das Risiko für schwerwiegende Erkrankungen erhöhen – Foto: ©motortion - stock.adobe.com

Gegen Sodbrennen eingesetzte Protonenpumpenhemmer (PPI) mit den Wirkstoffen Omeprazol, Pantoprazol oder Esomeprazol sind mittlerweile ohne Rezept erhältlich. Dennoch sollte man sie nur auf ärztlichen Rat einnehmen, denn bei langfristigem Gebrauch bergen sie tödliche Risiken. Das ist das Ergebnis einer aktuellen US-Studie.

Forscher der Washington University School of Medicine in St. Louis und des Veterans Affairs St. Louis Health Care Systems warnen vor dem Auftreten von tödlichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, chronischen Nierenkrankheiten und Magen-Krebs. Das Risiko nahm mit der Dauer der PPI-Einnahme zu, selbst wenn die Medikamente gering dosiert wurden.

PPIs und H2-Blocker im Vergleich

PPIs verschaffen Linderung bei saurem Aufstossen beziehungsweise Reflux, weil sie die Bildung von Magensäure hemmen. Sie gehören zu den am häufigsten verwendeten Wirkstoffklassen in den USA.

Für die Studie verwendeten die Forscher eine Datenbank, die vom US-Veteranenministerium geführt wird. Bei der Untersuchung medizinischer Daten, die von Juli 2002 bis Juni 2004 erhoben wurden, identifizierten sie 157.625 Personen - hauptsächlich Männer im Alter ab 65 Jahren -,  denen neu PPIs verschrieben wurden. Zu einer Vergleichsgruppe gehörten 56.842 Personen, denen eine andere Klasse von Säurehemmern - H2-Blocker - neu verschrieben wurden. Beide Gruppen wurden bis zu 10 Jahren weiterverfolgt.

Sterblichkeit in PPI-Gruppe höher

Ergebnis: 15 von 1.000 PPI-Anwendern starben an Herzerkrankungen, vier von 1.000 an einer chronischen Nierenerkrankung und zwei von 1.000 an Magenkrebs. Die Sterblichkeitsrate aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen betrug 88 in der PPI-Gruppe und 73 in der H2-Blocker-Gruppe. Bei Magenkrebs lag die Sterblichkeitsrate in der PPI-Gruppe bei sechs und in der H2-Blocker-Gruppe bei vier, bei Tod durch eine chronische Nierenerkrankung betrug sie acht in der PPI-Gruppe und vier in der H2-Blocker-Gruppe.

Die Forscher stellten in der PPI-Gruppe ein um 17 Prozent höheres Sterberisiko als in der H2-Blocker-Gruppe fest. Sie errechneten 45 zusätzliche Todesfälle, die auf den langfristigen Einsatz von PPI pro 1.000 Personen zurückzuführen sind. Die Sterblichkeitsrate für PPIs betrug 387 pro 1.000 Personen, die Sterblichkeitsrate für H2-Blocker 342 pro 1.000.

Erhöhtes Sterbe-Risiko trotz niedriger Dosen

"Angesichts der Millionen von Menschen, die regelmäßig PPIs einnehmen, bedeutet dies Tausende von Todesfällen pro Jahr", sagt der Nephrologe und Epidemiologe Dr. Ziyad Al-Aly von der Washington University School of Medicine. "Am beunruhigendsten ist für mich, dass Menschen, die PPIs nehmen, diese aber möglicherweise nicht benötigen, ernsthafte Schäden erleiden können."

Die Studie ergab auch, dass mehr als 80 Prozent der PPI-Benutzer niedrige Dosen der verschreibungspflichtigen PPIs, also Dosen, die den im Freiverkauf erhältlichen Präparaten entsprechen, einnahmen. "Dies legt nahe, dass das Risiko möglicherweise nicht auf verschreibungspflichtige PPI beschränkt ist, sondern auch auf rezeptfreie", sagte Al-Aly in einer Pressemitteilung.

PPIs nicht ohne ärztlichen Rat einnehmen

Die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat bereits Interesse an den Studiendaten geäußert. Die Untersuchung wurde im Fachmagazin BMJ veröffentlicht. Fazit der Wissenschaftler: Frei verkäufliche (OTC) PPIs sollten deutlichere Warnhinweise enthalten und PPIs nicht ohne ärztlichen Rat eingenommen werden.

Foto: motortion/rotolia.com

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