Pommes, Kekse, Toast: Auch selbst gebackene Lebensmittel enthalten oft giftiges Acrylamid

Gemein aber wahr: Je brauner Pommes aussehen, desto besser schmecken sie – aber desto gesundheitsschädlicher sind sie auch. Verbraucherschützer raten deshalb für das Pommes-Backen zu Hause: schonend zubereiten – bei maximal 180 Grad. – Foto: AdobeStock/d3haller
Wenn Pommes in der Fritteuse oder Brötchen im Ofen braun werden, verbreiten sie einen unwiderstehlichen Duft und verheißen Knusprigkeit und aromatischen Backgeschmack. Doch genau dann beginnt auch der Anteil an gesundheitsschädlichem Acrylamid-Anteil darin zu steigen. Eine vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) in Auftrag gegebene Analyse ergab jetzt: Pommes, die goldbraun und kross gebacken wurden, waren mit 2.000 Mikrogramm Acrylamid belastet. Das ist viermal so hoch wie der vorgegebene Richtwert.
Mit der Bräunung steigt der Anteil an Acrylamid
Mit dem Bräunungsgrad steige auch der Anteil an Acrylamid – oft liege er dann „eindeutig über den Richtwerten“, heißt es in einer Mitteilung des rbb. Auch bei selbst gebackenen Keksen hatte die gebräunte Variante mit 1.500 Mikrogramm deutlich erhöhte Acrylamid-Werte. Einzig der krosse Toast lag mit 51 Mikrogramm nur minimal über dem als gesundheitlich noch als akzeptabel angesehenen Richtwert.
Wann Acrylamid in der Küche entsteht
Acrylamid entsteht, wenn in einem Lebensmittel Stärke oder Zucker und die Aminosäure Asparagin gemeinsam erhitzt werden wie beim Backen oder Rösten. Die Entstehung ist Teil der sogenannten Maillard-Reaktion, die Lebensmittel bräunt, ihnen ihren typischen und reizvollen Geschmack verleiht und sie knusprig macht. Kaffee, Kartoffelchips, Pommes, Toast- oder Knäckebrot, Kekse, Kuchen und Zwieback haben häufig einen hohen Acrylamid-Gehalt.
EU-Vorschrift für Pommes-Buden oder Bäckereien seit 2018
Seit April 2018 schreiben deshalb neue EU-Richtlinien Lebensmittelherstellern, Restaurants und Imbissbetrieben verbindlich vor, Pommes nicht übermäßig stark zu frittieren oder Brot möglichst hell zu backen. Zudem müssen Produkte wie Fertig-Pommes ab sofort schon so hergestellt werden, dass bei ihrer Endzubereitung im Privathaushalt so wenig Acrylamid wie möglich entsteht.
Verbraucherschützer kritisieren geschönte Backzeiten auf Pommes-Verpackungen
An dieser Stelle setzt die Kritik von Verbraucherschützern an. „Die Hersteller wurden verpflichtet, Angaben auf ihre Verpackung zu drucken, wie ich denn die Pommes Frites zu Hause sicher herstellen kann“, sagt Ernährungsexpertin Britta Schautz von der Berliner Verbraucherzentrale im rbb-Magazin „Super.Markt“. „Sie geben Temperatur und auch Backzeit so gering wie möglich an, damit sie immer sagen können: Wir haben gesagt, so müsst ihr das herstellen und dann seid ihr sicher, dass kein Acrylamid entsteht. Es ist aber wahrscheinlich unrealistisch, dass jemand so helle Pommes Frites wirklich isst." Stichproben des Verbrauchermagazins bei vier verschiedenen Pommes Herstellern bestätigten diese Praxis.
Acrylamid vermeiden: „Vergolden statt verkohlen“
Ganz vermeiden lässt sich Acrylamid in der Ernährung nicht, so die Einschätzung von Experten. Vernünftig ist es aber, insbesondere durch eine schonende Zubereitung die tägliche Aufnahmemenge zu verringern, nach dem Prinzip: „Die Menge macht das Gift“. Dies ist auch die Idee hinter der EU-Verordnung für die professionelle Lebensmittelzubereitung in Bäckereien oder Gastronomie. Der Verbraucher habe es selbst in der Hand, weniger Acrylamid zu sich zu nehmen, sagt Alfonso Lampen vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), der zu führenden deutschen Experten zum Thema „Acrylamid" gehört: indem er die „goldene Regel“ befolge – „vergolden statt verkohlen“.
Schutz vor Acrylamid: Maximal 180 Grad einstellen
Britta Schautz von der Berliner Verbraucherzentrale rät: Backpapier verwenden, Pommes mit großem Durchmesser wählen und die Backtemperatur nicht über 180 Grad Celsius einstellen. Denn erst ab etwa dieser Ofentemperatur würde der Acrylamid-Wert beim Backen sprunghaft ansteigen. BfR-Experte Lampen rät außerdem dazu, Kartoffeln kühl und dunkel und nicht im Kühlschrank zu lagern. Ansonsten erhöhe sich der Zuckergehalt – und beim Erhitzen könne dies die Acrylamid-Bildung verstärken.