
Wie teuer ist ein Pflegeplatz im Pflegeheim? Die Mehrheit der Deutschen weiß es nicht
Wie teuer ein Platz im Pflegeheim ist, erfahren viele offenbar erst, wenn es so weit ist. Eine repräsentative Umfrage des Emnid-Instituts im Auftrag der Postbank zeigt: Die Mehrheit der Erwachsenen ist ahnungslos, was so ein Platz im Heim den eigenen Geldbeutel kostet. Danach glauben immerhin 43 Prozent, die gesetzliche Pflegeversicherung übernehme die Kosten für einen vollstationären Pflegeplatz in voller Höhe. Und weitere 21 Prozent glauben, dass der Eigenanteil unter 1.000 Euro im Monat liegt. Beide Gruppen liegen falsch. Denn im Bundesdurchschnitt müssen Pflegebedürftige 1.800 pro Monat zuzahlen. Die gesetzliche Pflegeversicherung ist nämlich keine Vollkasko, sondern bezahlt nur einen bestimmten Betrag in Abhängigkeit vom Pflegegrad. Den Rest müssen die Betroffenen aus der Rente oder dem Ersparten zahlen. Inzwischen ist jeder dritte Pflegeheimbewohner auf Sozialhilfe angewiesen.
Sogar Rentner wissen nicht Bescheid
„Die Unkenntnis über die Kosten der Pflege für den Einzelnen und ihre Finanzierung zieht sich durch alle Bevölkerungs- und Altersschichten“, sagt Dr. Marco Bargel, Chefvolkswirt der Postbank, zu den Ergebnissen der Umfrage von 1.000 Personen über 18. „Es ist erstaunlich, dass sogar Menschen im Rentenalter, für die die eigene Pflege ein greifbareres Szenario ist, und die wahrscheinlich im eigenen Umfeld bereits mit dem Thema konfrontiert wurden, nicht besser informiert sind“, so Bargel weiter.
So zeigt die Umfrage, dass jeder vierte über 60 Jahre den Eigenanteil nicht abschätzen kann. Und 43 Prozent der Rentner glauben, die Pflegeversicherung komme für sämtliche Kosten des Pflegeheims auf.
Jeder fünfte hat private Pflegeversicherung
Trotz der Unkenntnis von Jung und Alt geben 59 Prozent der Befragten an, dass sie zusätzlich für die Pflege im Alter vorsorgen. 22 Prozent dieser Personen haben eine private Pflegeversicherung abgeschlossen. Die anderen sparen dafür oder halten Vermögenswerte wie etwa ein Aktiendepot oder eine Immobilie. Doch Finanzexperte Bagel meint, es sei unmöglich, angemessen vorzusorgen, wenn man das abzusichernde Risiko falsch einschätze. "Die gute Absicht allein genügt leider nicht. Diese Menschen wiegen sich in trügerischer Sicherheit, da die Pflegekosten die Höhe der Ersparnisse oder den Wert einer Immobilie übersteigen können“, so Bagel.
Risiken werden ausgeblendet
Die 41 Prozent, die nicht vorsorgen, begründen dies am häufigsten mit Geldmangel (48 %) oder erwarten, dass der Staat für die Pflegekosten aufkommt (44 %). 38 Prozent finden, dass es ausreicht, in die gesetzliche Pflegeversicherung eingezahlt zu haben. Auch Überforderung oder Informationsdefizite wurden als Gründe genannt.
Bagel findet es beunruhigend, dass ein so hoher Anteil der Befragten nicht für den Pflegefall vorsorgt. „Diese Menschen geben die Verantwortung an den Staat ab oder stellen Ansprüche an die gesetzliche Pflegeversicherung, die nicht realistisch sind.“ Seiner Ansicht nach sollte sich jeder spätestens im Alter von 50 Jahren mit der Pflegevorsorge auseinandersetzen. Noch besser wäre schon mit 40.
Die demoskopische Untersuchung „Pflege im Alter 2019“ basiert auf 1.002 telefonischen Interviews, die vom 23. Januar bis zum 29. Januar 2019 von Kantar Emnid durchgeführt wurden. Befragt wurden in Deutschland wohnhafte deutschsprachige volljährige Personen.
Foto: pixabay