Verhütung ist traditionellerweise Frauensache. Das ist nicht nur gefühlt so, sondern zeigen auch Daten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie: 54 Prozent der Paare in Deutschland verhüten demnach mit der Anti-Baby-Pille, 13,5 Prozent mit der Spirale und etwa 20 Prozent mit Kondomen. Damit übernehmen mehrheitlich die Frauen die Verantwortung für die Familienplanung. Männer nutzen vorwiegend Kondome, praktizieren den Coitus interruptus oder bleiben abstinent, wenn sie einen Beitrag zur Verhütung leisten. Die Durchtrennung der Samenleiter erfolgt ebenfalls, aber selten.
Paris Deklaration
Dabei könnte es schon längst andere Verhütungsmittel für den Mann geben, sagen Hormonexperten. Es müsste bloß mehr geforscht werden. Vor dem Hintergrund des Bevölkerungswachstums und der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau haben vergangenen Woche rund 160 internationale Hormonexperten in Paris ein Manifest verabschiedet. Die Deklaration des International Consortium for Male Contraception (ICMC) fordert Gesundheitsbehörden und Pharmaindustrie auf, die Entwicklung neuer Methoden zur männlichen Kontrazeption zu intensivieren. „Unser Ziel ist es, bis zum Jahr 2026 die marktreife Entwicklung mindestens eines zuverlässigen, reversiblen und bezahlbaren männlichen Kontrazeptivums zu ermöglichen“, erklärte Professor Eberhard Nieschlag von der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Gerade mit Blick auf die wachsende Weltbevölkerung sei das enorm wichtig.
Hormone oder reversibler Samenleiterverschluss?
Sowohl hormonelle Ansätze als auch nichthormonelle sollen demnach weiter verfolgt werden. So sind beispielsweise mechanische Methoden zum Verschluss der Samenleiter in der Entwicklung – ein Weg hin zu einer reversiblen, also einer umkehrbaren Vasektomie, wäre damit möglich. Bei der hormonellen Verhütung für Männer gibt es zwei Ansätze: Zu den vielversprechendsten Ansätzen gehören Nieschlag zufolge heute hormonelle Methoden mit Androgenen, zu denen auch das Testosteron gehört, in Kombination mit Gestagenen. Möglich ist die Verabreichung entweder durch eine Hormonspritze, die etwa alle zehn Wochen verabreicht werden muss, oder aber ein täglich anzuwendendes Gel. „Bei dieser Variante besteht die „Hürde“ darin, dass der Mann jeden Tag daran denken muss“, sagt der Hormonexperte. „Aus den Erfahrungen mit der Anti-Baby-Pille für Frauen weiß man aber, dass dies gelingen kann.“
Pille für den Mann ins Stocken geraten
Forschungsansätze zur männlichen Kontrazeption hat es schon Anfang 1970er Jahre gegeben. Seither wird an der „Pille für den Mann“ geforscht. Einige Ansätze wurden sogar bis nahe an die Marktreife entwickelt. Aber die Industrie hat dieses Forschungsgebiet verlassen, wegen geringer Gewinnerwartung und einer angeblich fehlenden Akzeptanz.
Dazu sagt Professor Matthias Weber von der Universität Mainz: „Die männliche Kontrazeption wird die weiblichen Methoden wahrscheinlich nicht ersetzen, aber sie kann die Verhütungsoptionen für Paare erhöhen.“
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