Pflegende Angehörige sind der größte Pflegedienst Deutschlands

Hier pflegt der größte Pflegedienst Deutschlands: Tochter kümmert sich um betagte Mutter – Foto: ©js-photo - stock.adobe.com
Früher war es ganz normal, dass Opa und Oma im Kreis der Familie alt werden durften. Selbstverständlich wurden sie auch von den Familienangehörigen gepflegt, wenn sie gebrechlich wurden. Heute ist das nicht mehr so selbstverständlich, weil die verschiedenen Generationen in der Regel nicht mehr unter einem Dach leben. Trotzdem kümmern sich die Kinder um ihre Eltern und Schwiegereltern, auch wenn dies logistisch oft eine Herausforderung ist.
Zum Beispiel zeigen Daten der Techniker Krankenkasse (TK), dass sieben von zehn pflegebedürftigen Versicherten zu Hause betreut werden. Bei 65 Prozent von ihnen wird die Pflege vollständig durch Angehörige geleistet - sie erhalten ausschließlich Pflegegeld, also keine Leistungen für den Einsatz eines professionellen Pflegedienstes. „Angehörige sind immer noch der größte Pflegedienst Deutschlands“, sagte TK-Vorstand Thomas Ballast anlässlich des Aktionstags Pflegende Angehörige am 8. September. „Das müssen wir generell stärker anerkennen und darüber hinaus einen einfachen Zugang zu konkreten Entlastungs- und Hilfsmöglichkeiten schaffen – vor allem in Belastungssituationen.“
Beratung per Videochat
Die TK und andere Pflegekassen nutzen den Aktionstag, um wieder einmal auf ihre diversen Unterstützungsangebote für Pflegende Angehörige hinzuweisen. Diese reichen von Pflegekursen bis zur Kurzzeit- und Verhinderungspflege. Aber auch digitale Angebote sind dabei. So bietet etwa die TK persönliche Unterstützung und psychologische Begleitung per Videochat unter www.pflegen-und-leben.de
"Pflegende sind durch ihre Situation zeitlich und räumlich oft kaum flexibel. Die Online-Beratung ermöglicht ihnen, sich bei Belastung dennoch professionelle Unterstützung zu holen", erläutert Projektleiterin Imke Wolf. Eine aktuelle Nutzerbefragung des Angebots zeigte, dass 87 Prozent der Ratsuchenden eine positive Auswirkung der Beratung auf den Pflegealltag feststellten.
Belastung steigt mit der Pflegedauer
Insbesondere wenn über einen längeren Zeitraum gepflegt wird, seien die Angehörigen übermäßig belastet. "Wer pflegt, muss mit den eigenen Kräften gut haushalten. In Krisensituationen und bei Belastung durch die Pflege gilt das gleiche Prinzip wie für Sauerstoffmasken im Flugzeug - nur wer sich zuerst selbst hilft, kann anderen helfen", rät Wolf.
Daten der Pflegekassen zeigen indes, dass Entlastungsangebote kaum genutzt werden. Eine Studie des Gesundheitswissenschaftlichen Instituts der AOK Nordost (GeWiNo) hatte im November 2015 gezeigt, dass Verhinderungspflege nur in 14 Prozent aller Fälle beantragt wurde. Kurzzeitpflege beanspruchte demnach nur jeder zwanzigste Betroffene.
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