Pflegende Angehörige gönnen sich kaum Auszeit
In Berlin haben die Sommerferien bereits begonnen. Doch das Wort „Urlaub“ ist für viele pflegende Angehörige ein Fremdwort. Der nötige "Urlaub von der Pflege" bleibt oftmals auf der Strecke und auch Angebote der sogenannten Verhinderungs- und Kurzzeitpflege werden nach Auskunft der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) kaum wahrgenommen. Dabei zeigt eine aktuelle Studie der Stiftung, dass knapp 60 Prozent der erwerbstätigen Pflegenden in Vollzeit unter Erschöpfungszuständen leiden. Unter den Teilzeitbeschäftigten fühlt sich immerhin fast jeder zweite erschöpft.
Nur wenige pflegende Angehörige nehmen Entlastungsangebote wahr
„Nur etwa jeder vierte pflegende Angehörige greift überhaupt auf Entlastungsangebote zurück", sagt der Vorstandsvorsitzende des ZQP, Dr. Ralf Suhr. Die mangelnde Inanspruchnahme hat auch Folgen für die Gesundheit: Mehr als die Hälfte der pflegenden Angehörigen leide wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge an Muskelverspannungen. Jeder fünfte zeige sogar depressive Symptome oder Schlafstörungen, so Suhr.
Nach Einschätzung des Pflegeexperten wissen viele pflegende Angehörige nicht, wie sie sich eine "Auszeit von der Pflege" organisieren können. Eine erste Anlaufstelle bei Fragen zur Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege sowie spezielle Urlaubstipps biete beispielsweise die Pflegeberatung, meint Suhr. Dort erhalten Ratsuchende unabhängige und kostenlose Informationen. Damit die Suche nach einer wohnortnahen Beratung pflegenden Angehörigen leichter fällt, hat die Stiftung auf ihrer Internetseite eine Datenbank zu den deutschlandweit rund 400 Pflegestützpunkten und der aufsuchenden Pflegeberatung veröffentlicht. Wichtig sei mit den Beratungsprofis vor allem die Frage zu klären, welche weiteren Unterstützungsangebote infrage kämen, damit auch nach dem Urlaub der Alltag weniger belastend werde, erklärt Suhr.
Die Verhinderungspflege ermöglicht Angehörigen vier Wochen Urlaub im Jahr
Pflegende Angehörige haben unterschiedliche Möglichkeiten, um sich eine kurze Auszeit von der Pflege zu nehmen: Eine Möglichkeit ist die sogenannte Verhinderungspflege, bei der die Betreuung im eigenen Zuhause fortgesetzt werden kann. Die Verhinderungspflege kann durch eine Angehörige, Freunde, Nachbar, durch einen ambulanten Pflegedienst oder auch in stationären Einrichtungen erfolgen und muss bei der Pflegekasse beantragt werden. Diese Option ermöglicht Pflegende Angehörige beispielswiese in den Urlaub zu fahren.
Eine weitere Alternative ist die Kurzzeitpflege, die von Pflegeheimen oder Seniorenresidenzen angeboten wird. Sie kann im Anschluss an eine stationäre Behandlung oder in sonstigen Krisensituationen, in denen häusliche Pflege nicht möglich ist, erfolgen.
Die Pflegekassen zahlen sowohl für die Verhinderungs- als auch für die Kurzzeitpflege einen Betrag in Höhe von maximal 1.550 Euro pro Jahr (maximal 4 Wochen). Die Stiftung ZQP weist außerdem darauf hin, dass es zunehmend mehr Urlaubsangebote für Betroffene gebe. Pflegebedürftige können bei diesem Modell mit ihren pflegenden Angehörigen gemeinsam in Urlaub fahren.
Foto: AOK Mediendienst