Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Pflegende Angehörige durch Corona-Krise noch stärker belastet

Donnerstag, 2. Juli 2020 – Autor:
Viele pflegende Angehörige sind sowieso schon am Limit. Nun kommt mit der Corona-Krise noch eine weitere Belastung hinzu. Eine Untersuchung des ZQP und der Charité zeigt, dass sich die Situation für jeden dritten verschlechtert hat.
Rund ein Drittel der pflegenden Angehörigen erlebt während der Corona-Krise eine Verschlechterung der Pflegesituation.

Rund ein Drittel der pflegenden Angehörigen erlebt während der Corona-Krise eine Verschlechterung der Pflegesituation

Es sind Ehepartner, Kinder, Eltern oder andere Nahestehende, die ein Familienmitglied zu Hause pflegen und einen Großteil der häuslichen Pflege schultern. Rund 4,7 Millionen Menschen fallen laut dem Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) unter den Begriff „pflegende Angehörige.“ Viele von ihnen waren schon vor der Pandemie physisch und vor allem psychisch stark belastet. Diese Situation hat sich nun weiter verschärft, wie eine aktuelle Untersuchung des ZQP und der Charité zeigt.

Für jeden Dritten hat sich die Situation verschlechtert

Danach erlebt rund ein Drittel der pflegenden Angehörigen eine Verschlechterung der Pflegesituation und rund ein Viertel fühlt sich mehr oder weniger überfordert. Ebenso viele sind besorgt, die häusliche Pflege nicht mehr zu schaffen.

Gefühle der Hilflosigkeit in der Pflegesituation haben bei 29 Prozent der Angehörigen zugenommen. Eine Steigerung belastender Konflikte mit der pflegebedürftigen Person geben 24 Prozent an. In Bezug auf Verzweiflungsgefühle sagen 22 Prozent, diese seien mehr geworden. Ein Fünftel berichtet, Wut und Ärger in der Pflegesituation seien gewachsen.

Ungute Gemengelage

„Unsere Studie weist darauf hin, dass sich nicht wenige pflegende Angehörige mit zusätzlichen Sorgen im Gepäck durch die Corona-Zeit kämpfen müssen“, sagt ZQP-Vorstand Dr. Ralf Suhr. „Denn sie tragen oft große Verantwortung für die Gesundheit sowie die emotionale und soziale Situation ihrer pflegebedürftigen Nächsten. In der Gemengelage von Infektionsrisiken, Kontaktbeschränkungen und damit verbundenen Unterstützungsverlusten sowie ökonomischer Unsicherheit liegt zusätzliches Überlastungspotenzial.“

Besonders schwierig ist die Situation für Angehörige von Menschen mit Demenz. Von ihnen nehmen 41 Prozent die Pflegesituation als zugespitzt wahr. Ein Drittel gibt an, damit überfordert zu sein und 35 Prozent, sorgen sich, die häusliche Pflege bald nicht mehr zu schaffen – wegen der Pandemie. Auch andere belastende Gefühle wie Wut oder Verzweiflung oder Konflikte haben deutlicher zugenommen als bei pflegenden Angehörigen ohne direkten Demenzbezug.

Pflege von Demenzkranken besonders kritisch

„Insgesamt deutet sich hier ein Muster in unseren Ergebnissen an“, erklärt Prof. Dr. Adelheid Kuhlmey, Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft der Charité- Universitätsmedizin Berlin. „Angehörige, die einen Menschen mit Demenz versorgen, sind in der Corona-Situation potenziell besonders belastet.“ Denn für Menschen mit Demenz sei es unter anderem wichtig, dass ihre gewohnten Routinen erhalten bleiben. Veränderungen und Stress, die nun gerade vermehrt auftreten, wirkten sich nachteilig aus. Auch hätten die Betroffenen teilweise erheblichen Bewegungsdrang und verstünden die Pandemie-Regeln oft nicht. „Mit den daraus resultierenden Problemen sind pflegende Angehörige jetzt zusätzlich konfrontiert“, sagt Adelheid Kuhlmey.

Weniger Unterstützung in der Krise

Durch die Pandemie fielen (und fallen!) außerdem viele Hilfsangebote und Dienstleistungen weg. So konnten Tagespflegeeinrichtungen in 81 Prozent der Fälle nicht mehr genutzt werden. Aber auch Fußpflegedienste kamen nicht mehr, vielerorts fiel die Unterstützung durch Nachbarn, Freunde oder den Hausarzt weg. Auch ambulante Pflegedienste wurden seltener oder gar nicht mehr genutzt – aus Angst vor dem Infektionsrisiko.

Foto: © Adobe Stock/the builder

Hauptkategorien: Corona , Pflege
Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Pflegende Angehörige , Coronavirus

Weitere Nachrichten zum Thema Pflegende Angehörige

09.11.2018

Nicht nur der Fachkräftemangel trägt zum Pflegenotstand in Deutschland bei. Viele pflegende Angehörige sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt, einige wollen nicht weiter pflegen.

Gesundheitliche Prävention ist keine Frage des Alters. Bis ins hohe Lebensalter kann man vielen gesundheitlichen Problemen vorbeugen – auch bei Pflegebedürftigkeit. Das Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hat nun ein frei zugängliches und kostenloses Internetportal speziell mit Tipps für pflegende Angehörige eingerichtet.

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin