Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt
Logo Gesundheitsstadt Berlin
Das Gesundheitsportal aus der Hauptstadt

Pflegende Angehörige am Limit

Freitag, 9. November 2018 – Autor:
Nicht nur der Fachkräftemangel trägt zum Pflegenotstand in Deutschland bei. Viele pflegende Angehörige sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt, einige wollen nicht weiter pflegen.
pflege, pflegende angehörige, stress, kopfschmerzen, überforderung

Viele pflegende Angehörige fühlen sich auf die Dauer überfordert – Foto: ©fizkes - stock.adobe.com

Nicht nur der Fachkräftemangel trägt zum Pflegenotstand in Deutschland bei. Viele pflegende Angehörige sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. So stehen mehr als sieben Prozent der rund 2,5 Millionen Personen, die derzeit Angehörige zu Hause pflegen, kurz davor, diesen Dienst zu quittieren. Das geht aus dem Pflegereport 2018 hervor, den die Barmer jetzt in Berlin vorstellte.

Danach wollen 6,6 Prozent nur mit mehr Hilfe weiter pflegen, knapp ein Prozent will dies auf keinen Fall länger tun. "Es ist höchste Zeit, dass sie besser unterstützt, umfassend beraten und von überflüssiger Bürokratie entlastet werden", meint Barmer-Vorstand Prof. Christoph Straub.

Pflege bestimmt bei 85 Prozent das tägliche Leben

Für den aktuellen Pflegereport wurden mehr als 1.900 pflegende Angehörige befragt. Sie stehen repräsentativ für alle pflegenden Angehörigen Deutschlands. Fast 60 Prozent von ihnen wünschten sich weniger Bürokratie bei der Beantragung von Leistungen. Bei der Barmer soll es denn auch in Kürze möglich sein, den Hauptantrag für Pflegeleistungen einfach online zu stellen.

Laut des Pflegereports sind die Mehrheit der in Deutschland pflegende Angehörigen Frauen - 1,65 Millionen von insgesamt 2,5 Millionen. Ein Drittel aller Betroffenen geht arbeiten, jeder Vierte hat seine Arbeit aufgrund der Pflege reduziert oder ganz aufgeben müssen. Die Pflege bestimmt bei 85 Prozent der Betroffenen das tagtägliche Leben.

Pflegende Angehörige wünschen sich mehr Entlastung

Die Hälfte von ihnen kümmert sich mehr als zwölf Stunden täglich um die pflegebedürftige Person. "Viele pflegende Angehörige sind an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. Fast 40 Prozent von ihnen fehlt Schlaf, 30 Prozent fühlen sich in ihrer Rolle als Pflegende gefangen. Jedem Fünften ist die Pflege eigentlich zu anstrengend", sagt der Autor des Pflegereports, Prof. Heinz Rothgang von der Universität Bremen.

Nicht von ungefähr wünschen sich 60 Prozent der pflegenden Angehörigen Unterstützung bei der Pflege. Allerdings finde mehr als die Hälfte der Hauptpflegepersonen niemanden, um sich für längere Zeit vertreten zu lassen.

Hilfsangebote aus Qualitäts- und Kostengründen nicht genutzt

Wie aus dem Report hervorgeht, nehmen knapp 440.000 pflegende Angehörige die Möglichkeit der Kurzzeitpflege und je knapp 380.000 Personen die Tagespflege sowie Betreuungs- und Haushaltshilfen nicht in Anspruch. Dies begründen sie neben einem fehlenden Angebot hauptsächlich mit Zweifeln an der Qualität und den Kosten.

Dazu kommt: Pflegende Angehörige sind vergleichsweise häufig krank. So leiden 54,9 Prozent unter Rückenbeschwerden und 48,7 Prozent unter psychischen Störungen. Bei Personen, die nicht pflegen, trifft dies nur auf 51,3 Prozent und 42,5 Prozent zu.

Um die Unterstützungsangebote nutzen zu können, sei eine umfassende, frühzeitige Beratung durch Pflegeexperten und ein niedrigschwelliger Zugang zu den Leistungen nötig, betonte Pflegeexperte Rothgang.

Foto: fizkes/fotolia.com

Lesen Sie weitere Nachrichten zu diesen Themen: Pflegende Angehörige

Weitere Nachrichten zum Thema Pflegende Angehörige

Aktuelle Nachrichten

Mehr zum Thema
Mehr als jeder dritte Pflegebedürftige wird über Nacht zum Pflegefall. Angehörige müssen dann nicht nur die Pflege organisieren, sondern einen Berg an Bürokratie bewältigen. Töchter & Söhne-Gründer Thilo Veil will sie dabei unterstützen.
Weitere Nachrichten
Die Langzeitfolgen der Corona-Pandemie machen Beschäftigten in Gesundheitsberufen besonders zu schaffen. Das zeigt eine Analyse der AOK-Nordost für Berlin. Eine Berufsgruppe ist sogar doppelt so oft betroffen wie der Durchschnitt der Versicherten.

Die Charité hat am Montag eine stadtweite Kampagne gestartet, um neue Mitarbeitende zu gewinnen. Besonders Pflegekräfte werden umworben, aber auch in Forschung, Lehre und Verwaltung sucht die Universitätsmedizin Verstärkung.

Trotz internationaler Transparenzregeln werden viele klinische Studien nicht veröffentlicht. Wichtige Ergebnisse bleiben somit verborgen. Dem setzt das Berlin Institute of Health (BIH) der Charité nun mit einem öffentlich einsehbaren Dashboard etwas entgegen.
Interviews
Einen ambulanten Pflegedienst in Berlin zu finden, ist schwierig geworden. Personalmangel ist das Hauptproblem. Dabei gäbe es relativ einfache Lösungen, sagt Thomas Meißner vom AnbieterVerband qualitätsorientierter Gesundheitspflegeeinrichtungen (AVG). Im Gespräch mit Gesundheitsstadt Berlin verrät der Pflegeexperte und Chef eines häuslichen Krankenpflegedienstes, wie man Menschen in den Pflegeberuf locken könnte und warum seine Branche noch ganz andere Sorgen hat als die Personalfrage.

Affenpocken verlaufen in der Regel harmlos. Doch nicht immer. Dr. Hartmut Stocker, Chefarzt der Klinik für Infektiologie am St. Joseph Krankenhaus in Berlin Tempelhof, über die häufigsten Komplikationen, die Schutzwirkung der Impfung und den Nutzen von Kondomen.

Zöliakie kann in jedem Lebensalter auftreten und ein buntes Bild an Beschwerden machen. Bislang ist das wirksamste Gegenmittel eine glutenfreie Ernährung. Gesundheitsstadt Berlin hat mit PD Dr. Michael Schumann über die Auslöser und Folgen der Autoimmunerkrankung gesprochen. Der Gastroenterologe von der Charité hat an der aktuellen S2K-Leitinie „Zöliakie“ mitgewirkt und weiß, wodurch sich die Zöliakie von anderen Glutenunverträglichkeiten unterscheidet.
Logo Gesundheitsstadt Berlin