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Pflegekräfte: Burnout-Risiko doppelt so hoch

Freitag, 26. August 2022 – Autor:
Das Burnout-Risiko bei Pflegefachpersonen ist fast doppelt so hoch wie bei der Erwerbsbevölkerung insgesamt. Das zeigt eine Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO). Von diesem Verschleiß betroffen sind selbst schon Mitarbeiter unter 30.
Junge Ärztin sitzt erschöpft am Schreibtisch.

Bei Beschäftigen in der Kranken- und Altenpflege ist das Risiko für einen Burnout deutlich erhöht. Gefährdet sind sogar schon junge Mitarbeiter unter 30. – Foto: AdobeStock/fizkes

Die Lebenserwartung in der Bevölkerung steigt – Beschäftigte in der Kranken- und Altenpflege haben immer mehr zu tun. Es gibt es immer mehr demenzkranke und multimorbide Menschen, die viel Zuwendung brauchen und deren Pflege viel Fachwissen, aber auch Zeit erfordert. Gleichzeitig wird es für Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser zunehmend schwer, qualifiziertes Personal zu finden. Zahlreiche Stellen bleiben unbesetzt. Das bedeutet, dass weniger Pflegefachpersonen mehr Aufgaben bewältigen müssen. Wegen hoher Arbeitsdichte können sie sich nicht so intensiv um die Menschen kümmern, wie sie es möchten und gehen oft mit einem unguten Gefühl nach Hause. Personalknappheit hat zur Folge, dass beispielsweise Mitarbeitende öfter aus der Freizeit zum Dienst geholt werden.

Pflegekräfte werden selbst zu Patienten

„Diese Mehrbelastungen führen dazu, dass zahlreiche professionell Pflegende dem täglichen Druck nicht mehr standhalten können, krank werden und ausfallen", sagt die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Carola Reimann. Eine aktuelle Analyse des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) ergab: Das Burnout-Risiko bei Pflegefachpersonen ist fast doppelt so hoch wie bei der Erwerbsbevölkerung insgesamt.

Hohes Burnout-Risiko schon bei Mitarbeitern unter 30

„Psychische Erkrankungen im Zusammenhang mit Burnout traten 2021 in Pflegeberufen fast doppelt so häufig auf wie in allen anderen Berufsgruppen“, heißt es in einer Mitteilung des AOK-Bundesverbands. Eine aktuelle Auswertung der Arbeitsunfähigkeitsdaten von 682.000 AOK-versicherten Beschäftigten in Pflegeberufen zeigt: Seit 2012 ist deren Anteil um mehr als 15 Prozent gestiegen. Burnout in der Pflege ist auch keine Frage des Geschlechts oder Alters. Das Burnout-Risiko steigt mit zunehmenden Alter – ist aber selbst bei den Unter-30-Jährigen schon vergleichsweise hoch.

Nach Ergebnissen des WIdO-Fehlzeiten-Reports stieg die Anzahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen in der Pflege (einschließlich Burnout) im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 6,2 Tage je AOK-Mitglied an und lag damit erneut weit über dem Durchschnitt aller Berufe (3,4 Tage). Erkrankungen im Zusammenhang mit der Diagnose „Burnout“ verursachten bei Pflegekräften im vergangenen Jahr im Schnitt 28,2 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 AOK-Mitglieder, deutlich mehr als in anderen Berufen mit 14,2 Tagen.

Pflegekräfte: Mehr Ausfalltage über alle Krankheitsarten hinweg

Über alle Krankheitsarten hinweg lag nach dem Fehlzeiten-Report die Anzahl der durchschnittlichen Ausfalltage je AOK-Mitglied in der Pflege im Jahr 2021 mit 26,2 Tagen um ein Drittel höher als bei allen AOK-versicherten Beschäftigten (19,7 Tage). Damit erreichte sie ein neues Rekordniveau.

Was präventiv gegen Burnout getan werden kann

„Damit nicht noch mehr Pflegefachpersonen zu Patienten werden, braucht es etwas, was andere Gesundheitsberufe längst haben, nämlich Wertschätzung und Anerkennung für das, was die Menschen in der Pflege Tag für Tag leisten", sagt AOK-Vorständin Reimann. Dabei könne sich diese Wertschätzung auf unterschiedliche Art und Weise zeigen: etwa durch bessere Bezahlung, mehr Personal, größere Handlungsfreiheiten, mehr Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten oder mehr Mitbestimmung. Hier habe sich in den zurückliegenden Monaten einiges bewegt: Das Personalbemessungssystem in vollstationären Pflegeeinrichtungen biete die Chance, die Pflegearbeit auf mehr Schultern zu verteilen. Die gesetzlich vorgeschriebene Bindung der Zulassung an Tarifverträge oder an tarifähnliche Entlohnung schaffe Anreize für bessere Bezahlung.

AOK unterstützt Einrichtungen, damit Arbeitsplätze gesünder sind

Wie die aktuellen Zahlen zur Arbeitsunfähigkeit in der Pflege verdeutlichen, brauchen Pflegefachpersonen dringender denn je Entlastung und Ausgleich. Dazu kann die Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF) einen wirkungsvollen Beitrag leisten. Genau dieses Ziel verfolgt die AOK-Initiative „Pflege.Kräfte.Stärken“. Mit vielfältigen Angeboten etwa zur Stärkung von Resilienz, zum Stressmanagement, zur gesunden Gestaltung von Schichtdiensten oder Führungskultur unterstützt die AOK Pflegeeinrichtungen und Krankenhäuser, die die Ressourcen ihrer Beschäftigten stärken und ihre Arbeitsstrukturen verbessern wollen.

Hauptkategorie: Demografischer Wandel
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