Pflegeheime wegen Corona kaum kontrolliert
Es war eine Anweisung des Bundesgesundheitsministeriums vom 19. März, die Qualitätskontrollen von Pflegeheimen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) bis Ende September auszusetzen. Der Infektionsschutz der Heimbewohner gehe vor, hieß es. Kontrollen sollten während der Corona-Krise nur noch anlassbezogen stattfinden, etwa nach einer konkreten Beschwerde. Allerdings wurden Angehörige, von denen solche Beschwerden meist ausgehen, über viele Wochen gar nicht in Pflegeheime gelassen. Somit war es lange Zeit gar nicht möglich, den Pflegeheimen auf die Finger zu schauen.
Weniger als halb so viele Kontrollen
Recherchen des ARD-Politikmagazins Report Mainz ergaben nun, dass der MDK seit Mitte März ganze 51 anlassbezogene Prüfungen in ganz Deutschland durchgeführt habe. Das seien 56 Prozent weniger als im Vergleichszeitraum der drei Vorjahre.
Stefan Sell, Sozialwissenschaftler an der der Hochschule Koblenz, findet diese Zahlen skandalös. Gegenüber Report Mainz sagte er, die Ergebnisse seien dramatisch, „vor dem Hintergrund, dass wir in den vergangenen Wochen und Monaten in vielen Pflegeheimen einen quasi rechtsfreien Raum hatten." Es habe lange niemanden gegeben, der geschaut habe, was mit den Menschen in Pflegeheimen passiert sei. „Das darf nicht wieder passieren, dass Heime machen können, was sie wollen", sagte Sell im Interview mit Report Mainz.
Qualitätskontrollen beginnen am 1. Oktober
Kaum war die Nachricht über den Ticker, meldete sich der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenverbandes mit einem Pressestatement zu Wort. Demnach sollen die Qualitätsprüfungen ab dem 1. Oktober wieder beginnen. „Mit Blick auf die pflegebedürftigen Menschen und ihren Schutz ist es notwendig, die Regelprüfungen in den Pflegeheimen zeitnah wieder aufzunehmen. Diese werden unter Einhaltung der Hygieneregeln umgesetzt“, erklärt MDS-Geschäftsführer Dr. Peter Pick.
Nach wie vor gelte es, die besonders gefährdeten pflegebedürftigen Menschen weiterhin vor Infektionen zu schützen, „gleichzeitig ist aber die Einhaltung einer qualitativ guten Versorgung sicherzustellen.“
Viele Pflegeheime sind chronisch unterbesetzt. Die Corona-Krise setzte den Heimen besonders zu, es fehlte zunächst an geeigneter Schutzausrüstung und Schutzkonzepten. Bis heute kommt es immer wieder zu größeren Corona-Ausbrüchen in Pflegeheimen.
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